Sozioprudenz

Von Joachim Fischer und Clemens Albrecht

Wird man eigentlich durch Soziologie sozial klüger? Wer Jura studiert, lernt nicht nur, das Recht richtig, sondern auch klug anzuwenden. Deshalb heißt es „Jurisprudenz“. Auch wer Medizin studiert, wird gerne gefragt, was man bei dieser oder jener Krankheit tun könne. Und Anglisten werden bei Englisch-Hausaufgaben zu Rate gezogen. Warum eigentlich nicht Soziologen, wenn es Schwierigkeiten in der WG gibt? Oder im Sportverein zwei unterschiedliche Fraktionen streiten? Wenn es eine interkulturelle Hochzeit, eine internationale Konferenz auszurichten gilt? Vielleicht hat das Fach hier eine bislang unterschätzte Aufgabe.

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Lucille, oder: der Teufel und die „Dialektik der Aufklärung“

Soziologen, zumindest europäische, bilden sich viel auf ihre Modernität und Säkularität ein. Sie rechnen in ihrem Alltagsleben nicht mehr so richtig mit der Realpräsenz transzendenter Wesen. Das kann ein Fehler sein. Der Physiker Niels Bohr war klüger. In der berühmten Hufeisen-Anekdote („Natürlich glaube ich nicht daran. Aber man hat mir versichert, es wirkt auch, wenn man nicht daran glaubt“) zeigt er einen dialektisch luziden Umgang mit dem Aberglauben.

Vielleicht wäre die Geschichte der Soziologie in Deutschland anders verlaufen, wenn die Heroen unserer Disziplin ihre theoretischen Erkenntnissen über die Andauer des Mythos in der Aufklärung auch in ihr Alltagswissen integriert hätten. Denn der ursprüngliche Plan zu dem Buch, das dann später unter dem Titel „Dialektik der Aufklärung“ zum soziologischen Klassiker des 20. Jh. wurde, ließ sich nicht verwirklichen. Dass es dabei nicht mit rechten Dingen zuging, ja dass sogar der Teufel seine Hand im Spiel gehabt haben könnte, dafür gibt es gewichtige Indizien.

 

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Parallelstaaten

Zwei Zeitungsmeldungen aus den letzten Wochen: 1. Die Verhandlungen über eine transatlantische Wirtschaftszone zwischen den USA und der EU stocken. Einer der strittigen Punkte sind die Schiedsgerichte, vor denen Investoren künftig Streitfälle austragen können. 2. Für die deutsche Justiz stellt sich die Frage, wie sie mit den Friedensrichtern umgehen sollte, vor denen islamische Großfamilien ihre Konflikte klären.

Ich glaube, beide Meldungen hängen zusammen. Sie zeigen auf unterschiedlichen Ebenen die Tendenz zur Bildung von Parallelstaaten.

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