Trojanische Soziologie – ‚sich der Öffentlichkeit unterjubeln‘

Eigentlich hätten wir der Welt so viel zu sagen, doch die Soziologie ‚fremdelt‘ in der Öffentlichkeit. Als Ursache für das Problem wurde die Lücke zwischen professioneller Forschung und öffentlicher Kommunikation ausgemacht – unter dem Schlagwort ‚Public Sociology‘ wird an der Rückeroberung des Publikums gearbeitet. Dabei scheint man sich heutzutage vom Begriff der Intellektuellen eher abzugrenzen – das klingt wohl zu bevormundend, größenwahnsinnig oder einfach nur altbacken. Nichtsdestotrotz: Intellektuelle des letzten Jahrhunderts stehen für eine Hochphase der öffentlichen Soziologie. Sie erfüllten den Anspruch, sozialwissenschaftliche Analyse und Kritik zu artikulieren und damit selbst Einfluss auf gesellschaftliche Entwicklungen zu nehmen. Im Unterschied zu damals, so unsere These, muss man die Soziologie heute der Öffentlichkeit ‚unterjubeln‘ – als trojanisches Pferd.

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‚Make sociology great again‘? Vom Fremdeln mit dem SozBlog

Der Ruf nach einer öffentlichen Soziologie ist sicherlich nichts Neues, gewinnt aber angesichts der Debatten um die ‚Krise Europas‘ und den ‚Populismus‘ wieder an Relevanz. Die meisten SoziologInnen stehen dem ‚Projekt‘ öffentliche Soziologie wohlwollend gegenüber, zielt es doch auf eine Aufwertung der Disziplin in Sachen Sichtbarkeit und ‚social impact‘. Womöglich versprechen wir uns davon sogar den vergangenen Status einer Leitwissenschaft wiederzuerringen, frei nach dem Motto: Public Sociology – ‚make sociology great again‘. Geht es jedoch um eine konkrete Beteiligung am öffentlichen Soziologisieren, wird es meistens recht still. Wieso das? Prinzipielle Zustimmung aber praktische Vernachlässigung? Eine schöne Gelegenheit, mit diesem scheinbaren Widerspruch eine soziologische Argumentation zu motivieren. Wir ergreifen sie anhand des SozBlog, den die Frage nach öffentlicher Soziologie schon vor einigen Jahren umgetrieben hat:

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Referenz!

In einem Blog kann man über sich schreiben: was man so tut, was man so liest, was man so denkt. Das ist eine Möglichkeit. Ein Blogeintrag kann aber auch eine Anzeige sein, eine Erinnerung, eine Referenz. So möchte ich starten. Ich möchte an ein Datum erinnern. Vor zwanzig Jahren, im Juni 1994 starb Hans Paul Bahrdt. Er war ein Soziologe ganz eigener Art. Universal gebildet, empirisch innovativ, gesellschaftspolitisch engagiert. Ein Lehrer und Forscher gleichermaßen. Er gehörte zu jener Soziologengeneration, die in der jungen Bundesrepublik fest davon überzeugt war, dass Soziologie als Wissenschaft eine Geburtshelferin der Demokratie sein kann, ja sein muss. Ihm ging es nicht um die Frage, ob die Soziologie bessere Menschen macht. Mit Mission hatte er nichts am Hut. Soziologie ist im Sinne Bahrdts eine bestimmte Art und Weise, auf das soziale Leben zu blicken – aber sicher kein Sozialknigge, der den Leuten eine soziologisch für richtig befundene Lebensführung vermittelt.

Bahrdt ging es um die Frage, in welcher Weise die Gesellschaft, die Betriebe, die Dörfer, Städte und Gemeinden, die Institutionen im Allgemeinen gebaut sein müssen, damit Menschen darin würdig, ihren Interessen und Bedürfnissen angemessen leben können. Ja, noch mehr: damit Menschen sich in ihrer und aus ihrer Gesellschaft heraus entwickeln und entfalten können. Demokratie mit Leben füllen, dazu sollte Soziologie einen Beitrag leisten. Und diesen Beitrag kann sie nur leisten, indem sie eine offene, forschende Wissenschaft ist. Unter dieser Perspektive betrachtet, wirkt die Soziologie als Lehrfach und Forschungspraxis heute oft hermetisch, in methodischer und theoretischer Hinsicht. Alles das war Hans Paul Bahrdt nicht. Er war ein bedächtiger, begriffsgenauer und nachdenklicher, aber auch um öffentliche Aufmerksamkeit bemühter Soziologe. Er war Institutsgründer, Berater und engagierter Bürger seiner Stadt – ein öffentlicher Soziologe avant la lettre. Von ihm soll in den beiden kommenden Monaten in diesem Blog immer wieder die Rede sein. Denn Hans Paul Bahrdt ist für den Blogger dieser Zeilen ein intellektueller, aber auch ein wissenschaftsethischer Referenzpunkt.

Gesellschaft als Labor

In den nächsten Wochen werde ich diesen Blog dazu nutzen, einige meiner Wege nachzeichnen und dabei exemplarisch Themen aufgreifen, die mir wichtig sind. Der Blog stellt gleichsam eine Klammer für Erfahrungen dar und ist eine gute Gelegenheit, „mit fremden Gehirnen zu denken“ – wenn es stimmt, was man so über Soziale Medien, Schwarmintelligenz und so weiter sagt.

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Care goes public

Die Initiative „Care.Macht.Mehr“ startet eine Unterschriftenkampagne für ein Care-Manifest für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Damit überschreiten die Autor_innen bewusst die Grenze ausschließlich wissenschaftlich motivierter Publikationen. Sie verfolgen das Anliegen, aus der diagnostizierten Care-Krise mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit neuartiger Strukturen der Sorge und Versorgung in die Öffentlichkeit zu wirken und für das Thema zu sensibilisieren. Das geschieht im Sinne neuer Überlegungen auch in der DGS in Bezug auf eine „Öffentliche Soziologie“.

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