›Der Westen‹ steht gemeinhin für eine große Freiheit, Demokratie, Individualismus, Menschen- und Bürgerrechte – er gilt geradezu als Verkörperung dieser Prinzipien. Das hat welthistorisch mit dem einmaligen politischen und sozio-ökonomischen Aufstieg Europas (und seinen historischen Außenposten), aber auch mit der sukzessiven Durchsetzung von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zu tun, die schlussendlich zu solidarischen und demokratischen Gemeinwesen und zu einer langen Friedensperiode im Gefolge des Zweiten Weltkriegs geführt haben. Das ist aber nur die eine Seite des Westens. Denn in den letzten Jahren ist nicht nur zunehmend deutlich geworden, dass ›der Westen‹ eine Chimäre ist, sondern auch, dass dieser Westen eine Schattenseite hat. So wird im Inneren nicht nur auf die Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten der realen Politiken westlicher Staaten hingewiesen, sondern auch auf die vielen blinden Flecken der Freiheits- und Liberalitätsdiskurse; und im globalen Kontext werden die Selbstbilder des Westens beträchtliche Machtverschiebungen im internationalen System und durch ›postkoloniale Theorien‹ herausgefordert und dabei Fremdbilder gezeichnet, die beträchtliche Kratzer aufzeigen und wenig Glanz von den hehren westlichen Prinzipien übriglassen.

In der Adhoc-Gruppe soll es darum gehen, wie es um die Rolle und Bedeutung des Westens in einer sich rasch verändernden globalen Welt bestellt ist. Kann der Westen heute überhaupt noch ein Leitbild für die Entwicklung anderer Länder sein? Für welche Werte steht der Westen, wofür die westliche Politik? Wie reagiert er auf neuartige Herausforderungen – etwa die Wiederkehr des Krieges in Europa? Droht gar ein Verlust von Freiheit und Demokratie? Und wie geht er mit der Kritik an seinem Selbstbild und seiner Politik um? Dies sind einige der Fragen, die im Rahmen der Adhoc-Gruppe soziologisch thematisiert und analysiert werden sollen.

Einseitige Abracts mit entsprechenden thematischen Vorschlägen schicken Sie bitte bis zum 11.4.2023 an Prof. Dr. Peter Imbusch, Bergische Universität Wuppertal, Institut für Soziologie, Gaußstraße 20, 42119 Wuppertal, Tel.: 0202/439-2170, E-Mail: pimbusch(at)uni-wuppertal.de