Sach- und Fachtexte werden im Alltag als selbstverständliche Vermittlungsgrundlage genutzt. Insbesondere weil ihre Erscheinungsformen ( z. B. als KI-generierte Handlungsanleitungen, Forenbeiträge, digitale Rechercheergebnisse, Dokumentationen, Lehr- und Erklärvideos, Serious Games etc.) vielfältig sind, erfordern sie häufig jedoch umfangreiche kognitive Verarbeitungsprozesse bei der Rezeption, die oftmals nicht vorausgesetzt werden können (vgl. etwa zu PISA 2022 in Bezug auf die deutschen Lesekompetenzergebnisse Heine/Heinle et. al. 2023: 153).
Um diese Komplexität der Rezeptionsbedingungen besser verstehen zu können, müssen zudem verschiedene fachliche Zugänge beachtet werden, die hier nur in Ansätzen skizziert werden können:
So untersuchen psychologische Zugänge beispielsweise die Konstruktion mentaler Textweltmodelle während der Rezeption (vgl. etwa Schnotz 2001) sowie die Besonderheiten sachtextspezifischer Lesekompetenzen (Gohlke/Artelt et al. 2013).
Wissensvermittlungsaspekte lassen sich aber auch umfangreich linguistisch beschreiben: Hinsichtlich der Zielgruppen lässt sich zudem zwischen fachwissenschaftlicher Kommunikation (Experten-Experten- bzw. Expertinnen-Expertinnen-Kommunikation) und populärwissenschaftlicher Kommunikation (Kommunikation zwischen Experten und Laien bzw. Expertinnen und Laiinnen) unterscheiden (vgl. Brommer 2018: 12-13), die zwei verschiedene sprachliche Ausprägungsformen einer Einzelsprache darstellen. Aus sprachlicher Perspektive stehen dabei linguistische Fragestellungen und Analysemethoden – u.a. lexikologische, syntaktische, diskurslinguistische oder textlinguistische Aspekte der Kommunikation im Mittelpunkt, die die Komplexität eines Textes wesentlich mitbestimmen und damit von großem Interesse für Vermittlungsprozesse sind. Fragen der Beschreibung von Textkomplexität mit Blick auf Inklusion untersuchen deshalb vorwiegend sprachdidaktische Arbeiten (vgl. etwa Ott/Bock 2025, Bock/Frickel 2021), die zumindest teilweise auf Sachmedien übertragen werden können.
Gelingt das sinnentnehmende Lesen von Sachtexten, so verfolgen literaturdidaktische Ansätze, inwiefern in Sachmedien vermittelte Wissensbestände fachdidaktisch weiter genutzt werden können (z. B. Wanning/Grimm 2015; Sippl/Mikota 2024).
Mediendidaktische Ansätze untersuchen die Inszenierung des Wissens primär im Hinblick auf seine filmsprachliche Inszenierung (Kepser/Kammerer 2014).
Ziel des geplanten Sammelbandes ist es, aktuelle Aspekte und Fragestellungen zu medialen Wissensvermittlungsformaten, (selbst-)bildungsbezogenen Nutzungskontexten, Darstellungsweisen und Verstehensprozessen in verschiedenen germanistischen Teildisziplinen zu thematisieren und problematisieren und Beiträge aus dem deutschsprachigen Raum zu vereinen. Möglich sind dabei sowohl gegenstandsspezifische (etwa textinterpretierende) als auch prozessbezogene Zugänge (etwa zu den Rezeptionsmodalitäten von Sachtexten).
Unter anderem stehen folgende Forschungsfragen und -themen im Fokus des Sammelbandes:
- Wie kann ein Sach- und/oder Fachtext inhaltlich und/oder sprachlich verständlich sein?
- Welche Bedeutung spielen (Sach-)Medienverbünde für Wissensvermittlungsfragen?
- Welche Rolle spielt das Text-Bild-Verhältnis beim Verstehen von Sachtexten und Sachmedien?
- Welches Fachwissen wird in Sach- sowie Fachtexten an die entsprechende Zielgruppe (inter-)modal sowie medial vermittelt? In welchen Bildungskontexten können diese eingesetzt werden?
- Welche Lesekompetenzen sind bei der Erfassung von Sachtextverbünden erforderlich?
- Welche wissensbezogenen Medienformate rezipieren spezielle Zielgruppen (Kinder, Jugendliche oder Erwachsene) aktuell, welches Wissen erwerben sie (tatsächlich) und wie verarbeiten sie das erworbene Wissen?
- Inwiefern können LargeLanguage-Models /KI-Plattformen sinnvoll für die Vermittlung von Sachtextverstehenskompetenzen genutzt werden? Wo sind ihre Grenzen?
- Inwieweit müssen interdisziplinäre Ansätze verknüpft werden, um auf die Herausforderungen einer Lesekompetenz des 21. Jahrhunderts vorbereiten zu können?
Im Rahmen unseres Sammelbandes möchten wir Beitragende aus der Lesedidaktik, Literaturdidaktik, Sprachwissenschaft, Sprachdidaktik, Literaturwissenschaft, Mediendidaktik, Wissenssoziologie, Psychologie, Fremdsprachen- und Mehrsprachigkeitsdidaktik (gerne auch in Kombination mehrerer Teildisziplinen in Form interdisziplinärer Beiträge) gewinnen und laden Sie herzlich ein, zu diesen und weiteren themenbezogenen Fragestellungen theoretische, empirische und methodische Beitragsvorschläge einzureichen. Diese können sich sowohl auf institutionalisierte Bildungskontexte (etwa Schule und Unterricht) als auch auf nichtinstitutionalisierte Bereiche der Selbstbildung beziehen.
Wir bitten vorerst um die Einreichung von Abstracts (300- 500 Wörter exkl. Literatur) an julia.vondallarmi(at)uni-greifswald.de und a.yurdakul(at)tu-braunschweig.de bis spätestens 15.02.2026. Bis spätestens 28.02.2026 werden die Herausgeberinnen des geplanten Sammelbandes PD Dr. Ayşe Yurdakul und Dr. Julia v. Dall´Armi die Verfasser und Verfasserinnen der für den Band ausgewählten Abstracts benachrichtigen. Die fertigen Beiträge im Umfang von 15-20 Seiten sollen bis zum 31.08.26 vorliegen. Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge!