Call for Papers

Freundschaft und Soziale Arbeit. Theorien, Methoden und Normativität

Deadline: 01. April 2024

Angesichts der hohen lebensweltlichen Zentralität von Freundschaft im Allgemeinen zeigt sich eine große Diskrepanz in der theoretischen Thematisierung von Freundschaft in der Sozialarbeitswissenschaft wie auch in einer Soziologie der Sozialen Arbeit. Blickt man in die vielfältigen Studiengänge, Schwerpunktsetzungen und Curricula des Faches, wird ebenfalls eine eklatante Leerstelle in der Adressierung von Freundschaft sichtbar. Die empirische Relevanz des Themas zeigt sich bei Fragen zu Freundschaft als Resozialisierungstreiber oder Hemmnis beispielsweise in der Suchthilfe, in der Wiedereingliederung von Haftentlassenen, Wohnungslosenhilfe und vielen anderen mehr. Freundschaft als Sozialisationsressource wird insbesondere in der Kinder- und Jugendhilfe betont. Ganz grundlegend ist festzustellen, dass Freundschaft in der Sozialen Arbeit stets im Spannungsfeld von Ressource oder Herausforderung thematisiert wird, offen bleibt dabei allerdings, wie genau Freundschaft hierbei theoretisch gefasst wird. Welche Rolle Freundschaft in den jeweiligen Theorieperspektiven Sozialer Arbeit also zukommt, bleibt unbestimmt. Zuletzt betonen Beiträge zu Freundschaft aus anderen theoretischen Feldern, wie Queer Studies oder Care Theorien die normative Relevanz von Freundschaft. Entwicklungspsychologische Zugänge widmen sich der Freundschaft als spezifische Sozialisationsinstanz. Auch gemeindepsychologische Ansätze und Beiträge aus der Migrationsforschung betonen den Ressourcencharakter von Freundschaft, bleiben meistens aber eine genauere Theoretisierung des Begriffes schuldig. Wie und im Kontext welcher Handlungsfelder wird Freundschaft in der Sozialen Arbeit thematisiert?

Demgegenüber ist davon auszugehen, dass Freundschaften in konkreten Praxiszusammenhängen zwar äußerst relevant sind, es aber auch für diesen Bereich an konkreten Analysen fehlt. Die Bedeutung der Einbettung in spezifische Freundeskreise oder in dyadische Freundschaftsbeziehungen wird zwar aus der Perspektive der Fachkräfte in der Sozialen Arbeit benannt, es bleibt dabei allerdings offen, ob und wie methodisches Handeln Freundschaften zum Gegenstand von Interventionsstrategien macht. Vor allem, ist bei all diesen Fragen offen, welche impliziten und expliziten normativen Konzepten von Freundschaft dabei eine Rolle spielen. Gibt es hier ›falsche‹ und ›richtige‹ Freundschaften? Sollen Adressat:innen durch Soziale Arbeit befähigt werden, Freunde zu haben, sollen sie sich be- oder entfreunden? Auf welches Wissen greifen die Fachkräfte dabei also in Bezug auf Lebensentwürfe und Familienideale zurück?

Normativität beschränkt sich allerdings nicht allein auf die Freundschaftskonzepte von Fachkräften und Adressat:innen. Der sozialen Arbeit als Disziplin und Profession selbst wohnt ein normativer Zugriff auf soziale Beziehungen inne, der sich beispielsweise in Konzepten wie Solidarität, Fürsorglichkeit, Compassion, Kinship, Teilhabe, Vertrauen niederschlägt. Welche Rolle spielt Freundschaft in diesen Konzepten und welcher Stellenwert kommt Freundschaft somit für eine Sozialarbeitswissenschaft und deren Professionsbegriffe zu?Sollen Sozialarbeiter:innen Freund:innen ihrer Adressat:innen sein? Welchen Beitrag zur Kompetenzentwicklung und somit zur Professionalisierung von Fachkräften leisten Freundschaften?

Der geplante Band möchte diese Fragen aufgreifen und sie entlang fünf zentraler Aspekte beantworten: Theorien, Methoden, Wissen, Normativität, Professionalisierung. Vor diesen Hintergrund rufen wir zu Beiträgen aus allen Bereichen Sozialer Arbeit auf. Beiträge sollten eine oder mehrere der genannten Dimensionen adressieren.

Der Band wird herausgegeben von Erika Alleweldt, Sabine Flick, Vincenz Leuschner und Janosch Schobin und erscheint bei Beltz Juventa. Bitte reichen Sie Abstracts im Umfang von 300 Worten bis zum 1. April 2024 an die Herausgeber:innen ein. Die ausgewählten Autor:innen reichen bis zum 30. November 2024 einen Vollbeitrag ein.