Call for Papers

Kritische Theorie der Endzeit - Günther Anders als Denker der Gegenwart

Deadline: 20. Juli 2025

Günther Anders, geb. Stern (1902–1992), wird in jüngster Zeit vermehrt als Inspirationsquelle für ein kritisches Denken der Gegenwart wiederentdeckt. Zwei bedeutsame Traditionslinien, an die Anders explizit und implizit anschließt, bleiben dabei häufig unterbelichtet: Neben seiner akademischen Sozialisation bei Husserl und Heidegger und einem starken Bezug zur Philosophischen Anthropologie Plessners fühlte sich Anders vor allem der frühen Kritischen Theorie verbunden und bezeichnete sich selbstimmer wieder als Marxist. Trotz großer inhaltlicher Nähe zur frühen Kritischen Theorie bleibt Anders bei den meisten›Frankfurtern‹nbsp;jedoch stets ein allenfalls geduldeter,zumeist aber ignorierter Außenseiter. Starke Bezüge gibt es außer- dem zum Judentum: von seinem Ikonoklasmus, der›Wurzel‹seines Denkens, über seine frühe messianische Prägung bis hin zur seiner›prophylaktischen Apokalyptik‹und seinem Versuch einer Evokation der politisch- revolutionären Sprengkraft endzeitlicher Gedanken. Anders reflektiert beide Traditionslinien offen, meist aber nur, um sich selbst als abtrünnig zu inszenieren. Beide Bezüge stellen daher zugleich intellektuell fruchtbare Anziehungs- wie Abstoßungspunkte dar.

Im Rahmen der Tagung soll über rein historisierende, werkgeschichtliche oder vergleichende Zugänge hinaus Anders als ein kritischer, aus unterschiedlichen Denktraditionen schöpfender Theoretiker des Anthropozäns im Zentrum stehen. Es geht – mit Blick auf Anders’ Verbindung zur Kritischen Theorie, zum Judentum und deren wechselseitigen Verflechtungen – um Begriffe, Verständnisse und Konzepte, um Weltdeutungen und -haltungen, die sich im Anschluss an Anders für aktuelle Problemstellungen gewinnen lassen. Demgemäß lauten die Leitfragen der Tagung:

  • Welche Fluchtlinien lassen sich von Anders’ Denken ausgehend in die Gegenwart ziehen?
  • Welche Rolle spielen dabei Judentum bzw. Kritische Theorie?
  • Wo und wie lassen sich Anders’ Kritik der politischen Technologie und der atomaren Endzeit in gegenwärtige Debatten einbringen und weiterentwickeln – in wissenschaftliche, politische und intellektuelle Diskur- se um das Ende der Fortschrittsutopie und die Konturen einer von apokalyptischen Klimaszenarien und Kipppunkten geprägten Endzeit, über die Antiquiertheit, Liquidierung und Optimierung des Menschen, nicht zuletzt auch über Formen des Widerstands gegen die drohende Katastrophe?


Die Tagung wird von 19. bis 20. Februar 2026 am Frankfurter Institut für Sozialforschung stattfinden. Die Erstattung von Reise- und Unterkunftskosten wird angestrebt.

Wir suchen Originalbeiträge in deutscher und englischer Sprache, die in einem geplanten Tagungsband veröffentlicht werden können. Nachwuchsforschende sind ausdrücklich eingeladen, sich zu bewerben.

Für einen 30-minütigen Vortrag bitten wir um Abstracts im Umfang von 250 bis 500 Wörtern und einen kurzen Lebenslauf bis zum 20. Juli an: c.wiese(at)em.uni-frankfurt.delessenich(at)soz.uni-frankfurt.dechristian.dries(at)soziologie.uni-freiburg.dekudla(at)em.uni-frankfurt.de.

Eine ausführliche Version des Calls ist über diesen Link zu finden.

Kooperationspartner:

Buber-Rosenzweig-Institut für jüdische Geistes- und Kulturgeschichte der Moderne und Gegenwart an der Goethe- Universität Frankfurt, Günther-Anders-Forschungsstelle der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Internationale Günther- Anders-Gesellschaft, Institut für Sozialforschung Frankfurt am Main

Organisationsteam:

Prof. Dr. Christian Wiese, Prof. Dr. Stephan Lessenich, Dr. Christian Dries, Martin J. Kudla, M.A., M.A.