Im Rahmen der transdisziplinären Theorie-Praxis-Tagung›Rechtsextremismus in Wissenschaft und an Hochschulen begegnen‹wird Rechtsextremismus als ein gesamtgesellschaftliches Phänomen verstanden, das folglich auch in Wissenschaft und an Hochschulen in Erscheinung tritt. Zugleich wird davon ausgegangen, dass sich Rechtsextremismus in diesem Feld spezifisch zeigt und zum Beispiel in Form von Antifeminismus, Antisemitismus, Geschichtsrevisionismus, Nationalismus und/oder Rassismus auftreten kann. Im Rahmen der Tagung sollen Erscheinungsformen, die damit verbundenen Herausforderungen sowie Umgangsweisen in den Blick genommen werden. Beobachtbare Phänomene sind zum Beispiel:
• extrem rechte Positionierungen in Lehre und Forschung,
• Raumnahmen und Einschüchterungen durch extrem rechte Akteurinnen auf dem Campus,
• Angriffe auf studentische Kultur, Politik und Lebenswelten,
• extrem rechte Thinktanks oder Stiftungen und ihre Versuche, historische Ereignisse im Gewand der Wissenschaftlichkeit geschichtsrevisionistisch umzudeuten,
• die Delegitimierung ganzer Disziplinen durch das Absprechen von Wissenschaftlichkeit,
• Angriffe auf Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsarbeit,
• gezielte Anfeindungen von Wissenschaftlerinnen im Zuge ihrer Wissenschaftskommunikation,
• rechte Studierende, die bewusst unscheinbar auftreten, um durch das Studium in gesellschaftlich einflussreiche Bereiche wie Pädagogik/Bildung, Justiz und Politik vorzudringen,
• extrem rechte Diskurse und Programmatiken in Wissenschafts- und Hochschulpolitik sowie
• die Instrumentalisierung von Begriffen wie Wissenschaftsfreiheit, Wertneutralität oder Wahrheit, um rechte Positionen zu legitimieren und diskriminierungskritische Ansätze zu delegitimieren.
In Forschung, Lehre, der Gremienarbeit, im Kollegium, in der Fachschaft, im Alltag auf dem Campus, in Bibliotheken, in Wohnheimen und an vielen weiteren Orten, die eng an Hochschulen gebunden sind, werden solche extrem rechten Vorfälle erlebt und erfasst. Sie werden beforscht, Beratung wird in Anspruch genommen, Umgangsweisen zum Beispiel in Lehrveranstaltungen werden gefunden, Positionspapiere geschrieben, Studierende oder Wissenschaftler*innen vernetzen sich angesichts extrem rechter Tendenzen in der Gesellschaft, die Politik verhält sich zu diesen Ereignissen etc. Gleichzeitig zeigt sich an Hochschulen eine Sprachlosigkeit, wenn zum Beispiel im Kollegium extrem rechte Positionen an der Hochschule nicht als ein Problem benannt werden (können), und eine Vereinzelung, wenn zum Beispiel der Umgang vom Engagement Einzelner abhängt. Für die Theorie-Praxis-Tagung ist einerseits die Annahme zentral, dass die jeweiligen Verständnisse, Deutungen und Problembeschreibungen – kurz: die zum Tragen kommenden (Alltags)Theorien von Bildung, Forschung, Hochschule, Lehre, Politik, Rechtsextremismus, Wissenschaft usw. – einen Einfluss haben, welche Herausforderungen sich konkret stellen und welche Umgangsweisen (nicht) gefunden werden.
Andererseits ist von Interesse, welche ganz praktischen Umgangsweisen in Gremien, in der Mensa, in Bibliotheken, in der Studierendenvertretung/in Fachschaften usw. gefunden werden, aus denen sich gegebenenfalls neue oder andere (theoretische) Perspektiven auf Rechtsextremismus an Hochschulen gewinnen lassen.
Dieses Theorie-Praxis-Verhältnis steht im Rahmen der transdisziplinären Tagung an der Europa-Universität Flensburg im Mittelpunkt. Die Tagung soll somit einen Beitrag leisten, verschiedene Auseinandersetzungen mit der extremen Rechten an Hochschulen in einen Diskussionszusammenhang zu stellen.
Wir freuen uns folglich über Einreichungen für Vorträge (etwa 30 Minuten) an Rebekka Blum (rebekka.blum(at)uni-marburg.de) und Lukas Otterspeer (lukas.otterspeer(at)uni-flensburg.de) bis zum 15.12.2025, die Rechtsextremismus an Hochschulen aus unterschiedlichen Disziplinen und theoretischen und/oder praktischen Perspektiven und Situierungen (bspw. Forschung, Hochschulleitung, Beratung, Lehre, …) beleuchten. Bei Ideen zu weiteren Formaten sind wir gerne ansprechbar.
Kontext der Tagung: Die Tagung wird aus dem BMFTR-geförderten Verbundprojekt›Rechtsextremismus in Wissenschaft und an Hochschulen begegnen‹von den Standorten an der Philipps-Universität Marburg und der Europa-Universität Flensburg in Kooperation mit dem Bundesverband Mobile Beratung Rechtsextremismus organisiert.
Organisatorisches: Wir bitten um das Zusenden von Abstracts für Vorträge (max. 1 Seite/2.500 Zeichen) bis zum 15.12.2025 an rebekka.blum(at)uni-marburg.de und lukas.otterspeer(at)uni-flensburg.de. Nach Absprache können auch Ideen für weitere Formate eingereicht werden. Eine Kinderbetreuung wird bei Bedarf angeboten. Für die Tagung wird keine Tagungsgebühr erhoben. Wir können keine Reise- und Übernachtungskosten übernehmen. Sollte eine Teilnahme aufgrund fehlender Finanzierung allerdings nicht möglich sein, kann Kontakt (rebekka.blum(at)uni-marburg.de, lukas.otterspeer(at)uni-flensburg.de) mit uns aufgenommen werden, damit wir Möglichkeiten für eine Finanzierung der Teilnahme prüfen können. Im Anschluss an die Tagung wird ein Open-Access-Tagungsband erscheinen. Referierende sind eingeladen, sich mit ihrem ausgearbeiteten Tagungsbeitrag daran zu beteiligen.