Call for Papers

Symbolische Ordnung und Rassismuskritik

Deadline: 30. November 2023

Ausgangslage und Gegenstand

Wir laden Forscher*innen aus verschiedenen Fachrichtungen dazu ein, am Sammelband zum Thema ›Symbolische Ordnung und Rassismuskritik‹ (Arbeitstitel) mitzuwirken. Die Auseinandersetzung mit Rassismus und Rassismuskritik ist in den letzten Jahren vielfach in den Fokus sowohl wissenschaftlicher als auch praxisorientierter Diskurse gerückt. Gegenwärtig werden Diskurse über Rassismus und Rassismuskritik von einer breiten Palette an Themen und Ansätzen geprägt. Wissenschaft, Praxis und politische Institutionen haben innerhalb dieser rassismuskritischen Auseinandersetzungen zunehmend die strukturellen, institutionellen und ›intellektuellen‹ Formen von Rassismus problematisiert, wobei ein wichtiger Fokus auf dem System liegt, der kontinuierlich Ungleichheit und Ungleichwertigkeit (re-)produziert. Neben aktuellen Diskussionen und Gegenreaktionen über Rassismus und seine gesellschaftlichen Auswirkungen handelt es sich auch um ein verstärktes Bewusstsein für historisch-koloniale Vergangenheit und Erinnerungskultur. Insgesamt erweitern sich die Diskurse über Rassismus, um die vielschichtigen Aspekte von Diskriminierung, Machtstrukturen und sozialer Gerechtigkeit umfassend zu adressieren.

Das Ziel dieses interdisziplinär angelegten Sammelbandprojekts besteht darin, das Konzept der symbolischen Macht, wie es von Pierre Bourdieu entwickelt wurde, im Kontext von Rassismus vertiefter zu erforschen und zu analysieren. Als Herausgeberteam sind wir allem interessiert an Beiträgen, die die komplexen Verflechtungen und Schnittstellen zwischen Symbolischer Ordnung, Machtstrukturen und Rassismus kritisch reflektieren, untersuchen, problematisieren und beleuchten.

Hintergrund:

Mit diesem Sammelband haben wir uns das Ziel gesetzt, den Bourdieuschen Diskurs zur ›Symbolischen Ordnung‹ auf das Themenfeld ›Rassismus‹ und ›Rassismuskritik‹ zu übertragen und zu diskutieren. Pierre Bourdieu konstatiert: ›Die soziale Ordnung funktioniert wie eine gigantische symbolische Maschine zur Ratifizierung der männlichen Herrschaft, auf der sie sich gründet.‹2 Dabei unterscheidet Bourdieu zwischen dem Ort der Manifestation und dem Ort der Produktion von symbolischer Ordnung und betont, dass die Konzentration auf Orte der Manifestation, also die sichtbarsten Orte der Ausübung des Herrschaftsverhältnisses, nicht ausreichend seien. Daher bezieht sich die Symbolische Ordnung, wie von Pierre Bourdieu in seiner soziologischen Theorie entwickelt, auf die Art und Weise, wie Bedeutungen, Werte und Normen in einer Gesellschaft konstruiert und vermittelt werden. Dabei spielen gesellschaftliche Diskurse, sprachliche Zeichen, kulturelle Symbole, Codes und soziale Praxen eine entscheidende Rolle. Rassismus hingegen manifestiert sich in Diskriminierung, Vorurteilen und struktureller Ungerechtigkeit sowie Ungleichheit. Dieser Sammelband beabsichtigt, daher diese beiden Konzepte miteinander zu verknüpfen, um ein tieferes Verständnis für die Mechanismen der symbolischen Macht im Kontext von Rassismus und Rassismuskritik zu erlangen.

Themenfokus:

Unser Sammelband konzentriert sich daher nicht nur auf die rassistisch dominierten Manifestationsmomente im praktischen Alltag oder in den Institutionen, sondern möchte zugleich einen Fokus auf die Produktionsmomente der symbolischen Herrschaft im Rassismus als System lenken. Diese analytische Unterscheidung ist nicht zuletzt entscheidend für Strategien gegen Rassismus und rassistische Praxen. Die Auseinandersetzung mit individuellen Entscheidungen oder Vorurteilen auf der Praxisebene bleibt müßig, solange auf struktureller Ebene permanent weiter soziale Ungleichheit (re-)produziert wird. Basierend auf dem Konzept der symbolischen Ordnung möchte sich daher dieser vorliegende Sammelband näher mit folgenden möglichen Themenbereichen beschäftigen:

  • Die Produktion- und Reproduktionsformen von Rassismus in speziellen Feldern wie Medien, Bürokratie, Schule, Politik, Polizei, Justiz, Sport usw.
  • Die Auseinandersetzung mit der ungleichen sozialen Struktur und auch die Machtasymmetrien in der Gesellschaft, die im Sinne der symbolischen Ordnung kontinuierlich rassistischen Praxen und Diskurse (re-)produzieren.
  • Die Rolle der Sprache und symbolischer Repräsentation in der Konstruktion von Rassismus. Kulturelle Symbole, Identität und Rassismus in Medien und sog. ›intellektuellen‹ Diskursen.
  • Symbolische und rassistische Gewalt und ihre Auswirkungen auf migrantisierte und/oder geflüchtete Milieus.
  • Verhältnisse und Verschränkungen zwischen verschiedenen Formen von Rassismus (Antisemitismus, antischwarzer, antimuslimischer und antislawischer Rassismus, Antiziganismus, usw.) und zwischen verschiedenen Herrschaftsformen (wie Klassismus, Sexismus, Heteronormativität usw.)
  • Struktureller und institutioneller Rassismus (im Bildungsfeld, Polizei, Justiz, staatliche Organisationen etc.) und die Reproduktion symbolischer Ordnung im Kontext von Rassismuspraxen.
  • Die Rolle von kulturellem Kapital in der Verstetigung von rassistischen Strukturen.
  • Die Wechselwirkungen zwischen symbolischer Macht, struktureller Gewalt und Rassismus. Rassismuskritische Gegenwehr und Gegenbewegungen und die Umgestaltung der symbolischen Ordnung

Einreichung der Manuskripte:

Interessierte Autor*innen werden gebeten, ihre Themen bis zum 30. November 2023 bei den Herausgebern einzureichen. Die ausgewählten Themen werden benachrichtigt, und die Autor*innen sind eingeladen, ihre vollständigen Beiträge (max. 30.000 Zeichen, inkl. Zeichen) bis zum 15. März 2024 für die endgültige Veröffentlichung einzureichen. Die Beiträge sollten eine klare theoretische Verbindung zwischen Bourdieus Konzept der symbolischen Macht und dem Thema Rassismus und Rassismuskritik herstellen.

Bitte senden Sie Ihre Themenvorschläge und Beiträge mit dem Betreff "Sammelband: Symbolische Ordnung und Rassismuskritik" an: kemal.bozay(at)iu.org / emre.arslan(at)iu.org

In diesem Sinne freuen wir uns auf vielfältige Fachartikel, die dazu beitragen, das Verständnis für die komplexen Zusammenhänge zwischen symbolischer Macht, Rassismus und Rassismuskritik zu erweitern.