Erkenntnisfortschritt in der Soziologie beruht wesentlich auf der Idee, aus Theorie Hypothesen abzuleiten und diese wiederholten empirischen Prüfungen zu unterziehen. Auf Grundlage der gewonnenen Ergebnisse erfolgt dann im Idealfall die Modifikation der zugrundeliegenden Theorie. In der soziologischen Forschungspraxis werden hypothesenfalsifizierende Befunde jedoch vornehmlich im Licht möglicher methodischer Limitierungen der jeweiligen empirischen Studie diskutiert, anstatt die empirische Haltbarkeit der geprüften theoretischen Haupt- und Hilfsannahmen kritisch und systematisch zu hinterfragen. Folglich wird das Ideal der iterativen Theorieentwicklung im alltäglichen Forschungsbetrieb selten eingelöst.

In der gemeinsamen Frühjahrstagung der DGS-Sektionen ›Methoden der empirischen Sozialforschung‹ und ›Modellbildung und Simulation‹ sowie des AK ›Methodologie der Sozialwissenschaften‹ der AS sollen daher methodologische Fragen zur Theorieentwicklung und Modellbildung im Kontext empirischer Forschungsaktivitäten erörtert werden. Damit soll der Fokus weg von Fragen der methodisch-technischen Umsetzung hin zu Fragen der theoretischen Hauptannahmen, ergänzenden Hilfsannahmen und Modellbildung beim Ziehen von Schlussfolgerungen aus empirischen Studien gelegt werden. Die Tagung versteht sich auch als Fortführung der Diskussionen beim AS-Workshop ›Theoriebildung und Theorieprüfung in der analytisch-empirischen Soziologie‹ im September 2023 in Mainz.

Besonders willkommen sind Beiträge, die Fragen zu folgenden Aspekten aufgreifen:

• Methodologische Grundlagen der Modellbildung und -synthese
• Allgemeine Theorie und spezifische Modelle
• Definition theoretischer und empirischer Estimands
• Übersetzung theoretischer Argumente in mathematische und schließlich statistische Modelle
• Theorieentwicklung und Modellbildung mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI)
• Theorieentwicklung und Modellbildung mithilfe explorativer Verfahren
• Bedeutung axiomatischer Annahmen bei der Bewertung empirischer Ergebnisse
• Deterministische und probabilistische Hypothesen in der Soziologie
• Praktische Bedeutung erkenntnistheoretischer Perspektiven im Forschungsprozess (Popper, Bayes, Occam, Duhem-Quine, etc.)
• Allgemeine Sozialtheorie und Hilfsannahmen (Messhypothesen, Korrespondenzregeln, Fehlerverteilungen, funktionale Form von Beziehungen, fehlende Werte etc.)
• Theorienvergleich und Theorieintegration

Bitte senden Sie das Abstract (max. 250 Wörter) bis einschließlich 02.01.2025 via Email an Hawal Shamon (ice2-ess-conference(at)fz-juelich.de). Die Tagungssprache ist Deutsch, allerdings können Vorträge auch auf Englisch gehalten werden.

Falls Sie der DGS-Methodensektion beitreten und hierfür einen Aufnahmevortrag einreichen möchten, vermerken Sie das bitte in der Email deutlich durch den Hinweis ›Aufnahmevortrag‹. Aufnahmevorträge müssen sich nicht auf das Tagungsthema beziehen und können andere methodische Themen behandeln.

Für Rückfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung. Wir freuen uns, Sie auf der Tagung in Leipzig begrüßen zu dürfen.