Call for Papers

WITH/OUT IDENTITY: Zur Frage von Identitätskonstruktionen in Raum, Erbe und Communities

Deadline: 01. Juni 2023

Der Identitätsbegriff erfährt in verschiedenen Disziplinen eine kritische Bearbeitung und wird inzwischen aufgrund seiner Unschärfe und einer problematischen Tendenz zur Essentialisierung von unterschiedlichen Seiten abgelehnt. Gleichermaßen bildet der Rückgriff auf Konzepte von Identität und Identitätsbildung einen wichtigen Bezugsrahmen, insbesondere für jene Communities denen die Möglichkeit abgesprochen wird, Geschichte, Erinnerung und Wissensbestände selbst zu artikulieren. Die Konstruktion von Räumen und Kulturerbe spielt dabei eine ausschlaggebende Rolle, da Identität in sozialen, politischen und damit auch in physischen Räumen angeeignet, ausgehandelt oder behauptet wird.

Die 7. Jahrestagung des Graduiertenkollegs versteht den Identitätsbegriff daher als Projektionsfläche, um ein Interesse an kollektiven Prozessen deutlich zu machen, in denen räumliches und materielles Kulturerbe für die Imagination von Gemeinsamkeiten und die Konstituierung von Gruppen und Communities wichtig wird. Gerade die zunehmende Kritik am Identitätsbegriff legt nahe, bei der Betrachtung zugrundeliegender Prozesse einen besonderen Fokus auf die Rolle von Alterität und Differenz zu legen. Für eine kritische Untersuchung von Identitätskonstruktionen greift die Tagung aktuelle und gesellschaftspolitische Aushandlungsdiskurse um Erbe und Raum aus Sicht verschiedener Disziplinen auf:

In der Architektur- und Stadtforschung stehen Themen wie autoritäre Diskurse und rechte Strukturen, Sichtbarkeit und Dekolonisierung, strukturelle Ungleichheiten sowie Handlungsmacht im Zentrum zahlreicher Debatten. Hiermit sind auch die aktuellen Diskurse um Kulturerbe eng verknüpft, beispielsweise hinsichtlich Identitätskonstruktionen und Aneignungs- oder Zuschreibungsprozessen verschiedener Heritage-Communities oder in Bezug auf konflikthafte Auseinandersetzungen um die Deutungsmacht sowie den Anspruch auf Kulturerbe. Neben Bedeutungszuschreibungen stehen im Bereich der Denkmalpflege auch materielle und räumliche Setzungen im Fokus, wobei Rekonstruktionen und Authentizitätskonzepte mit dem Anspruch auf ›Identität‹ besonders umstritten sind. Nicht zuletzt wurden Museen und ihre Sammlungsbestände, die als Geschichtsräume wesentlich an der Erinnerungskultur von Gemeinschaften und der Konstruktion machtasymmetrischer Narrative beteiligt sind, kritisch diskutiert. Die Aufarbeitung von Unrechtskontexten und die damit zusammenhängende Klärung der Eigentumsverhältnisse von Erbe sind zur zentralen Museumsaufgabe geworden, was sich auch in den Auseinandersetzungen um Restitutionsfragen andeutet.

Vor diesem Hintergrund fragen wir im Rahmen der Tagung unter anderem: Wie wird der Begriff ›Identität‹ in unterschiedlichen Kontexten und Machtkonstellationen gedeutet und angewendet? Wie gestaltet sich die Verankerung von Identität in Bezug auf Bauten, Stadträume, Plätze oder Landschaften? Welches Verständnis von Identität tritt bei Ermächtigungsprozessen auf, welches bei hegemonialen, autoritativen Prozessen? Dabei bilden aktuelle Bezüge zur globalen Klimakrise und die Frage der Zukunftsgestaltung sowie dahinter verborgene Identitätskonstruktionen einen besonderen Schwerpunkt. Sind diese Konstruktionen notwendig oder abkömmlich und wie sieht ein kritischer Umgang mit dem stets wandelbaren Begriff der ›Identität‹ aus? Innerhalb dieser Fragestellungen suchen wir nach unterschiedlichen Perspektiven aus der Architektur-, Denkmalpflege- und Kulturerbeforschung, sowie den Kunst-, Kultur- und Sozialwissenschaften.

Wir rufen zu Beiträgen auf, die sich mit dem Thema ›Identität‹ kritisch auseinandersetzen und streben einen aktiven Austausch unter den Teilnehmenden an. Sowohl Beiträge aus aktuellen Forschungsprojekten, konkrete Feldforschungsergebnisse und theoretische Zugänge unterschiedlicher Disziplinen sind willkommen. Das Aufgreifen folgender Themenfelder ist dabei erwünscht:

Fragen des Besitzes und der Verfügbarkeit von kulturellem Erbe – Bedeutungszuschreibungen und Erinnerungspolitiken – Refigurationsprozesse in diasporischen Communities und colonial subjects – heritage communities angesichts von Klimakrise, Zerstörung, Gewalt und Machtasymmetrien – Widerstände und Ermächtigungsprozesse – Umnutzung, Besetzung, Aneignung und Gentrifizierung von kulturellem Erbe – Debatten um Rückführungen, Restitutionen und Wiedergutmachung

Die Beiträge sollen eine Redezeit von 20 Minuten nicht überschreiten. Abstracts (max. 300 Wörter) und CV werden bis zum 01. Juni 2023 per E-Mail erbeten an: cfp(at)identitaet-und-erbe.org. Über die Aufnahme in das Programm werden die Referent*innen bis zum 1. Juli 2023 informiert. Es ist geplant, die Beiträge in der Schriftenreihe des Graduiertenkollegs zu veröffentlichen. Die eingereichten Vorschläge dürfen daher noch nicht anderweitig veröffentlicht worden sein und müssen einen originellen Beitrag zum Thema des Calls aufzeigen. Die Deadline für die Abgabe der Papers oder Vortragsmanuskripte ist der 20. Dezember 2023. Die Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch. Reisekostenzuschüsse können begrenzt gewährt werden. Weitere Informationen zum Graduiertenkolleg finden Sie unter http://www.identitaet-und-erbe.org.