Aus dem Inhalt
- Bernhard Schäfers: Zum 200. Geburtstag von Friedrich Engels
- Günter Warsewa, Peter Bleses, Matthias Güldner: Der Transfer von sozialwissenschaftlichem Wissen als Forschungsgegenstand
- Ulf Ortmann: Ein Leben nach der Uni ist möglich
- Katharina Block: Soziologie des Un/Verfügbaren
Identität und Interdisziplinarität
Bernhard Schäfers
Zum 200. Geburtstag von Friedrich Engels
Mit Karl Marx war Friedrich Engels der Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus, der gegenüber dem utopischen Sozialismus von Claude-Henri de Saint-Simon, Robert Owen, Charles Fourier beanspruchte, das Bewegungsgesetz der gesellschaftlichen Evolution erkannt zu haben. Obwohl er es war, der Karl Marx mit einer Schrift im Jahr 1844 auf die Idee brachte, dass die ökonomischen Verhältnisse die entscheidende Basis dieser Entwicklung sind, stellte er sich, zu sehr, wie dargelegt wird, in dessen Schatten. Es war Friedrich Engels, der vor allem mit seinen späten Schriften den Marxismus ›erfand‹, wie sein englischer Biograph Tristram Hunt zeigen konnte.
Friedrich Engels was, together with Karl Marx, the founder of scientific socialism, in contrast to the so called utopian socialism of Claude-Henri de Saint-Simon, Robert Owen or Charles Fourier. They claimed to have unveiled the logic of historical evolution. Although it was Engels who convinced Marx with an essay in 1844, that the economic basis is the source of all societal conditions and historical evolution, he modestly always gave Marx the primate, far too much, as explained here. It was Friedrich Engels, who with his late writings ›invented‹ Marxism, as his English biographer Tristram Hunt puts it.
Forschen, Lehren, Lernen
Günter Warsewa, Peter Bleses, Matthias Güldner
Der Transfer von sozialwissenschaftlichem Wissen als Forschungsgegenstand
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung erwartet vom in Gründung befindlichen Forschungsinstitut gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) die Erforschung von Bedingungen, Gefährdungen und Entwicklungsmöglichkeiten des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Zum Auftrag des FGZ gehört eine partizipativ gestaltete öffentliche Wissenschaft, die den Wissenstransfer in beide Richtungen anstrebt und zugleich evaluiert: aus der Wissenschaft in die Gesellschaft und aus der Gesellschaft in die Wissenschaft. Die Erwartungen an diesen kollaborativen Transfer sozialwissenschaftlichen Wissens mit der Politik und der weiteren Öffentlichkeit sind damit einerseits sehr hoch gesetzt. Vergegenwärtigt man sich andererseits die komplexen innerwissenschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen des sozialwissenschaftlichen Transfers, wird fraglich, ob sich Erwartungen und Möglichkeiten des Wissenstransfers entsprechen können. Im Beitrag skizzieren wir zunächst unterschiedliche Erwartungen sowie die komplexen wissenschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Bedingungen sozialwissenschaftlichen Wissenstransfers. Auf dieser Basis plädieren wir dafür, das FGZ als eine Chance zu sehen, eine analytisch und selbstreflexiv angelegte sozialwissenschaftliche Transferforschung zu reaktivieren bzw. neu zu etablieren.
Requirements of the Federal Ministry of Education and Research for the newly-founded Research Institute for Social Cohesion (RISC) comprise the study of social cohesion, its preconditions, risks and chances for further development. One of the basic missions is to engage in a participatory, public form of science, which seeks to transfer and evaluate knowledge in both directions, from science to society and from society back to science. On one hand, there are high expectations regarding such a collaborative transfer of social science findings into the political and public spheres. On the other, it remains uncertain whether such transfer could actually live up to these expectations, given the complexity within social science itself and the prevailing conditions in the spheres of science, politics and the public. In this article we shall sketch out various assumptions as well as the multifaceted scientific, political and public predispositions for such an intensified transfer of social science knowledge. Hence, we are calling for the (re-)activation of an analytically-oriented and self-reflective kind of social science transfer research.
Hier der Volltext zum Download.
Ulf Ortmann
Ein Leben nach der Uni ist möglich
Was machen Promovierende und Professor*innen aus der Soziologie, um ihren beruflichen Verbleib bzw. den beruflichen Verbleib von Promovierenden, die sie betreuen, zu klären? Über die Auswertung qualitativer Interviews entwickle ich im vorliegenden Beitrag die These, dass Promovierende und Professor*innen die Frage nach dem beruflichen Verbleib von promovierenden bzw. promovierten Soziolog*innen in erster Linie als offene Frage hinnehmen. Das Argument, das Promovierende und Professor*innen dazu formulieren, lautet: Promovierende und Professor*innen suchen Antworten auf die Frage nach dem beruflichen Verbleib typischerweise nur, wenn es um Anschlussfinanzierung geht. Das lässt vermuten, dass in der Soziologie Promovierende den beruflichen Verbleib in kurzen Statuspassagen klären – obwohl berufliche Perspektiven vage sind.
What do PhD candidates and professors in sociology do to clarify the professional careers of the doctoral students? By analysing qualitative interviews, I develop the thesis that PhD candidates and their professors primarily regard the question of the professional future of doctoral students and post-doctoral sociologists as an open question. The argument of doctoral students and professors is: They typically only look for answers to the question of the career path when it comes to follow-up financing. This leads to the assumption that in sociology, doctoral students clarify their professional future in short status passages – although career prospects are vague.
Katharina Block
Soziologie des Un/Verfügbaren
Aktuelle Zeitdiagnosen und gesellschaftstheoretische Perspektiven legen nahe, dass wir gegenwärtig gesellschaftliche Entwicklungen erleben, die mit den Formen modernen Denkens nicht mehr hinreichend zu fassen sind. Die wesentlichen Konstitutiva dieser Entwicklungen sind konkrete Phänomene und Erfahrungen des Unverfügbaren. Das Netzwerk möchte zeigen, inwiefern solche Konkreta und Erfahrungen des Unverfügbaren in den Bereichen (a) gesellschaftliche Naturverhältnisse, (b) Mensch-Technik-Interaktionen und (c) politische Mobilisierung vorliegen und unsere etablierten Wissensformen herausfordern, ja gar in Frage stellen. Deswegen wollen wir als multiperspektivisches Netzwerk, in Auseinandersetzung mit einerseits bestehenden soziologischen Theorieangeboten und andererseits neuen Denkhorizonten aus den Kultur- und Geisteswissenschaften, eine Theoriebildung vorantreiben, mit der diese Entwicklungen von der Soziologie adäquat erfasst werden können, ohne wichtige Veränderungen dabei unbeobachtet zu lassen. Eine solche Soziologie des Un/Verfügbaren ist innerhalb der Soziologie bislang Desiderat und soll deswegen im Netzwerk bearbeitet werden.
Current diagnoses of the times and socio-theoretical perspectives suggest that we are currently experiencing social developments that can no longer be adequately grasped with the forms of modern thinking. The essential constituents of these developments are concrete phenomena and experiences of the unavailable. The network wants to show that such concrete phenomena and experiences of the unavailable are actually present in the areas of (a) societal relationships to nature, (b) human-technology interactions, and (c) political mobilization, and that they actually challenge, even question, our established forms of knowledge. Therefore, as a multi-perspective network, we are aiming a theory-building process in which these developments can be adequately grasped by sociology, without leaving important changes unobserved. By examining existing sociological theory on the one hand and new horizons of thought from the cultural sciences and the humanities on the other, a theory formation is promoted with which the social developments can be adequately grasped. Such a Sociology of the Un/Available has so far been a desideratum within sociology and will therefore be developed in the network.
Steffen M. Kühnel, Stefanie Eifler
Ist Anonymisierung Fälschung?
Ein Kommentar zum Beitrag von Stefan Kühl: "Zwischen Präzision und Anonymisierung" in Heft 1 - 2020.
DGS-Nachrichten
- Jo Reichertz: DGS-Blog: Corona und die Krise der sozialwissenschaftlichen Forschung
- Birgit Blättel-Mink, Hubert Knoblauch: Digitaler DGS-Kongress 2020
- Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Soziologie zu Beschäftigungsverhältnissen in der Wissenschaft
- Veränderungen in der Mitgliedschaft
Berichte aus den Sektionen und Arbeitsgruppen
- Sektion Alter(n) und Gesellschaft
- Sektion Kultursoziologie
- Sektion Land,- Agrar- und Ernährungssoziologie
- Sektion Organisationssoziologie
- Sektion Wissenssoziologie
Nachrichten aus der Soziologie
- Uwe Krähnke, Christian Papsdorf: In memoriam Ditmar Brock
- Habilitationen
- Call for Papers
- Rethinking Transparency: Challenging Ideals and Embracing Paradoxes
- Organisationsgesellschaft ›reloaded‹
- Tagungen
- Good governance versus Corruption
- Moral communication. Observed with social systems theory
- Bildung und soziale Ungleichheit
- Happy Homes, Happy Society?
- Gesellschaftliche Produktion und Absorption von Unsicherheit