Satzung der Ethik-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) und des Berufsverbandes Deutscher Soziologinnen und Soziologen (BDS)

I. Die Ethik-Kommission

Als von Soziologinnen und Soziologen anzurufende Instanz, die sich um größtmögliche Integrität und Objektivität bei ethischen Erwägungen und Entscheidungen bemüht, wird eine gemeinsame Ethik-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) und des Berufsverbandes Deutscher Soziologinnen und Soziologen (BDS) eingerichtet. Diese gibt sich eine Satzung. Die Satzung und sämtliche Verfahren und Entscheidungen der Ethik-Kommission richten sich nach den Grundsätzen und Zielsetzungen des Ethik-Kodex.

§ 1 Zusammensetzung und Amtszeit

(1) Die Ethik-Kommission besteht aus sechs Personen. Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie und der Berufsverband Deutscher Soziologinnen und Soziologen entsenden jeweils zwei Mitglieder nach einem Verfahren, das die jeweiligen Verbände intern festlegen. Zu diesen vier Mitgliedern kommen die jeweiligen Vorsitzenden der DGS und des BDS ex officio.

(2) Die Amtszeit der Ethik-Kommission beträgt fünf Jahre.

(3) Die Ethik-Kommission gibt sich eine Satzung, in der sie ihr Vorgehen regelt und die durch die Vorstände der Verbände sowie das Konzil der DGS und den Senat des BDS bestätigt werden muss.

§ 2 Aufgaben und Zuständigkeit 

Die Ethik-Kommission soll:

  • die Vorstände der Verbände zu generellen ethischen Fragen beraten,
  • Anzeigen von Verstößen gegen den Ethik-Kodex entgegennehmen und nach einer vermittelnden Beilegung streben,
  • die Vermittlung zwischen betroffenen Parteien bei der Beilegung ihrer Beschwerden organisieren,
  • Anhörungen der Parteien bei formellen Beschwerden über ein Fehlverhalten durchführen,
  • jährlich mindestens einmal über ihre Arbeit den Vorständen beider Verbände berichten,
  • zum Ende ihrer Amtsperiode überprüfen, ob den Verbänden Änderungen und Ergänzungen des Ethik-Kodex auf der Grundlage gemachter Erfahrungen oder neu eingetretener Entwicklungen vorgeschlagen werden sollen.

§ 3 Sanktionen

(1) Befindet die Ethik-Kommission, dass kein ethischer Verstoß vorliegt, werden alle betroffenen Seiten darüber informiert. Damit wird der Vorgang abgeschlossen.

(2) Stellt die Ethik-Kommission im Verlauf der Anhörungen fest, dass ein Verstoß gegen den Ethik-Kodex vorliegt, informiert sie alle davon betroffenen Seiten und gibt einen Bericht an die Vorstände. Es können folgende Maßnahmen empfohlen werden:

  • Sanktionen auszusprechen;
  • einen öffentlichen Tadel in den Fachzeitschriften der Verbände auszusprechen;
  • den freiwilligen Austritt eines Mitglieds dem jeweiligen Verband anzuregen;
  • die Mitgliedschaft im jeweiligen Verband für einen bestimmten Zeitraum auszusetzen;
  • das Mitglied aus dem jeweiligen Verband auszuschließen.

II. Grundsätze der Kommissionsarbeit

§ 4 Zielsetzung

Verfahren und Entscheidungen der Ethik-Kommission richten sich nach den Grundsätzen und Zielsetzungen des Ethik-Kodex.

§ 5 Vorgehen

(1) Die Ethik-Kommission folgt in ihrer Arbeit dem Ethik-Kodex. Das bedeutet, dass die Ethik-Kommission im Sinne eines Interessenausgleichs nachstehende Prioritäten setzt:

  1. Der oder die Beschuldigte wird durch den Vorsitzenden/die Vorsitzende der Kommission über die Vorwürfe gegen ihn/sie informiert.
  2. Anschließend prüft der oder die Vorsitzende der Kommission, ob eine einvernehmliche Beilegung des Konflikts erreicht werden kann.
  3. Scheitern diese Bemühungen, so tritt die Ethik-Kommission zusammen, berät, hört ggf. an und entscheidet.

(2) Beteiligte im Sinne dieser Satzung sind, wer einen Missstand der Ethik-Kommission vorlegt, wer von diesem Missstand betroffen ist und wem dieser zum Vorwurf gemacht wird.
(3) Beteiligte können sich durch einen Beistand vertreten lassen.

III Organisation der Kommission

§ 6 Wahlverfahren

(1) In der konstituierenden Sitzung wählen die Mitglieder der Ethik-Kommission aus ihren Reihen eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden, eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter und - sofern sie dies gesondert beschließen - eine Schriftführerin oder einen Schriftführer für die Dauer der Amtszeit der Kommission.
(2) Wiederwahl ist zulässig.
(3) Die oder der Vorsitzende der Ethik-Kommission darf nicht zugleich Vorsitzende oder Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Soziologie oder des Berufsverbandes Deutscher Soziologinnen und Soziologen sein.
 (4) Kontaktadresse der Ethik-Kommission ist die Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS).
 (5) Die oder der Vorsitzende vertritt die Kommission nach außen, trifft die notwendigen organisatorischen Entscheidungen und leitet die Anhörungen und Sitzungen.

§ 7 Ausscheiden eines Mitglieds

(1) Scheidet ein Kommissionsmitglied aus, so entscheidet der dieses Mitglied entsendende Verband unverzüglich über dessen Nachfolge.
(2) Die Nachfolge endet mit der regulären Amtszeit der Ethik-Kommission.

§ 8 Ausschluss eines Mitglieds

(1) Der Ausschluss eines Kommissionsmitgliedes aus einem Verfahren wegen Besorgnis der Befangenheit richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen. Über den Ausschluss entscheidet die Ethik-Kommission auf Antrag. Antragsberechtigt sind die Kommissionsmitglieder und die Beteiligten.
(2) Wird eine Maßnahme gegen ein Kommissionsmitglied ausgesprochen, so erlischt dessen Mitgliedschaft in der Ethik-Kommission.

IV. Beschlussverfahren

§ 9 Abstimmungen

(1) Die Ethik-Kommission ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder an der Abstimmung teilnimmt und die oder der Vorsitzende oder ihre oder seine Vertreterin bzw. ihr oder sein Vertreter beteiligt ist.
(2) Die Ethik-Kommission fällt ihre Entscheidungen durch Mehrheitsbeschluss. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme der oder des Vorsitzenden. Sanktionen bedürfen der Mehrheit der abgegebenen Stimmen und können nicht gegen zwei Gegenstimmen beschlossen werden.
(3) Auf Antrag eines Mitgliedes muss eine geheime Abstimmung durchgeführt werden.
(4) Abstimmungsergebnisse sind Bestandteile der Berichte. Das Abstimmungsverhalten der Kommissionsmitglieder unterliegt der Verschwiegenheitspflicht.

§ 10 Schriftliche Begründung

Die Entscheidungen der Kommission werden schriftlich begründet und dem in § 5 festgelegten Verfahren folgend den vorgesehenen Gremien sowie den am Verfahren Beteiligten zugestellt. Die oder der Vorsitzende wirkt auf eine unverzügliche Beschlussfassung der Verbände und unverzügliche Benachrichtigung der Beteiligten hin.

§ 11 Vorgehen bei falschen Anschuldigungen

Kommt die Ethik-Kommission zu dem Ergebnis, dass eine bewusst falsche Anschuldigung vorliegt, kann sie gegen die ursprüngliche Beschwerdeführerin oder den ursprünglichen Beschwerdeführer Sanktionen empfehlen.

V. Beschwerdeverfahren

§ 12 Beantragung der Prüfung eines Falls

(1) Beanstandungen unter Berufung auf den Ethik-Kodex sind bei der Ethik-Kommission schriftlich innerhalb eines Jahres nach Kenntniserlangung des inkriminierten Sachverhaltes vorzutragen. Spätere Beanstandungen sind unwirksam. Hierbei ist anzugeben, ob die Prüfung bereits bei einer anderen Ethik-Kommission beantragt wurde, und in einem solchen Fall der Stand des entsprechenden Verfahrens offenzulegen. Bei Verletzung der Offenlegungspflicht behält sich die Ethik-Kommission vor, das Verfahren einzustellen.
(2) Werden Beanstandungen bei der Deutschen Gesellschaft für Soziologie oder dem Berufsverband Deutscher Soziologinnen und Soziologen oder Mitgliedern der Ethikkommission geltend gemacht, so leiten diese die Beanstandungen umgehend an die Vorsitzende oder den Vorsitzenden der Ethik-Kommission weiter.
(3) Die oder der Vorsitzende prüft, ob die oder der Angeschuldigte Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Soziologie oder des Berufsverbandes Deutscher Soziologinnen und Soziologen ist. Trifft dies zu, wird sie oder er satzungsgemäß tätig. Ist eine Mitgliedschaft nicht gegeben, so entscheidet der oder die Vorsitzende der Ethik-Kommission, ob die Kommission aktiv werden soll oder nicht.
(4) Unverzüglich nach Eingang der Beanstandung fordert die oder der Vorsitzende der Ethik-Kommission die Beschwerdeführerin oder den Beschwerdeführer unter Zusendung von Ethik-Kodex und Satzung auf, innerhalb von vier Wochen jene Bestimmungen und Zielsetzungen des Ethik-Kodex konkret zu benennen, gegen die das angezeigte Handeln verstoßen haben soll, und andere Beteiligte gemäß § 5 Abs. 2 namhaft zu machen. Zugleich fordert sie oder er die Zusendung aller Materialien und Unterlagen in vollständiger Form ein, die für eine Entscheidungsfindung relevant sein könnten.
(5) Die nach Absatz 4 spezifizierte Beschwerde, der Ethik-Kodex und die Satzung werden von der oder dem Vorsitzenden der Ethik-Kommission der oder den angeschuldigten Person(en) oder Institution(en) unverzüglich mit der Aufforderung um schriftliche Stellungnahme innerhalb von vier Wochen zugeschickt. Alle für die Stellungnahme wichtigen Materialien und Unterlagen werden der Kommission vollständig zur Verfügung gestellt.
(6) Die oder der Vorsitzende der Ethik-Kommission leitet das Verfahren ein, wie es in § 5 beschrieben wird.
(7) Beschwerde, Materialien, Unterlagen und Stellungnahmen der Beteiligten nach Abs. 4 bis 6 werden den Mitgliedern der Ethik-Kommission zur Beurteilung zugesandt.

§ 13 Aufnahme des Falls durch die Kommission

(1) Die Mitglieder der Ethik-Kommission nehmen innerhalb von zwei Wochen schriftlich dazu Stellung, ob sie die Beschwerde gemäß den Bestimmungen des Ethik-Kodex grundsätzlich für behandlungswürdig halten. Sie äußern sich gleichzeitig zu den Chancen direkter Gespräche zwischen den Beteiligten oder eines Vermittlungsversuchs.
(2) Hält die Ethik-Kommission direkte Gespräche zwischen den Beteiligten für angeraten, so klärt die oder der Vorsitzende Zeit und Ort mit allen Beteiligten und lädt diese dazu ein.
(3) Scheitert das direkte Gespräch und/oder erscheint ein Vermittlungsversuch als aussichtsreich, so benennt die oder der Vorsitzende eine Vermittlerin oder einen Vermittler aus den Reihen der Ethik-Kommission, die oder der von beiden Parteien akzeptiert wird. Scheitert der Vermittlungsversuch, so wird nach Absatz 4 verfahren.
(4) Hält die Ethik-Kommission die Beschwerde gemäß Ethik-Kodex für gerechtfertigt und einen Vermittlungsversuch für aussichtslos oder ist der Vermittlungsversuch gescheitert, so tritt sie zusammen. Die Vorsitzende oder der Vorsitzende gewährt der Kommission eine Frist von mindestens zwei Wochen für die Prüfung des Falls.
(5) Ist aufgrund der Sachlage und ihrer Beratung eine mehrheitliche Entscheidungsfindung möglich, so wird das Beschlussverfahren wie in § 9-11 beschrieben eingeleitet.

§ 14 Anhörung

(1) Hält die Ethik-Kommission eine Anhörung für erforderlich, so werden alle Beteiligten möglichst zeitnah eingeladen und befragt.
(2) Zur Absicherung der Entscheidungsfindung können auch Zeuginnen oder Zeugen schriftlich und/oder mündlich gehört werden.
(3) Ein Mitglied der Kommission protokolliert die Anhörungen dem Sinne der Aussagen nach. Das Protokoll ist von ihr oder ihm und von der oder dem Vorsitzenden zu unterzeichnen und von der Ethik-Kommission zu billigen. Abstimmungsergebnisse sind Gegenstand des Protokolls.
(4) Die Anhörung findet nichtöffentlich statt, es sei denn, die oder der Beschuldigte verlangt eine öffentliche Anhörung, der die Ethik-Kommission zustimmt.
(5) Beteiligte Personen - mit Ausnahme derer, die für den Fortgang der Anhörung erforderlich sind - bleiben ausgeschlossen.
(6) Nachdem die Anhörungen abgeschlossen sind, plädiert die Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführer bzw. ihr oder sein Verfahrensbeistand. Die oder der Beschuldigte und/oder ihr oder sein Verfahrensbeistand haben die Gelegenheit, gegen die Beschwerdeführerin oder den Beschwerdeführer zu argumentieren und/oder für die oder den Beschuldigten einzutreten.

§ 15 Entscheidungsfindung

Im Anschluss daran berät und entscheidet die Ethik-Kommission unter Ausschluss der Parteien und der Öffentlichkeit, kommt zu einer offiziellen Stellungnahme und entscheidet ggfs. über einzuleitende Maßnahmen.

§ 16 Anfallende Kosten

(1) Die Beteiligten, Zeugen und Verfahrensbeistände tragen ihre eigenen Kosten.
(2) Das Verfahren selbst ist kostenfrei.

VI. Inkrafttreten

Die Vorstände der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und des Berufsverbandes Deutscher Soziologinnen und Soziologen sowie das Konzil der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und der Senat des Berufsverbandes Deutscher Soziologinnen und Soziologen haben diese Satzung bestätigt. Sie tritt am 14. Juni 2014 in Kraft.