In Anbetracht der auch in den Medien bereits berichteten wiederholten Plagiatsvorwürfe gegen die Darmstädter Soziologin Prof. Dr. Cornelia Koppetsch sieht sich der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) zu folgender Stellungnahme veranlasst:
Die DGS ist gleichermaßen nachdrücklich wie selbstverständlich der Auffassung, dass sich jegliches wissenschaftliche Forschen, Lehren und Publizieren an den ›Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis‹ orientieren muss, wie sie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 1998 verabschiedet hat. Dies betrifft im Zusammenhang mit dem aktuellen Fall insbesondere die Verpflichtung aller wissenschaftlichen Autorinnen und Autoren, fremdes geistiges Eigentum in eigenen Texten auszuweisen und nach den Standards sozialwissenschaftlichen Zitierens kenntlich zu machen. Das betrifft u.E. unzweifelhaft auch forschungsbasierte Sachbücher. Diese Selbstverständlichkeit ist so auch bereits seit 1993 im Ethik-Kodex der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und des Berufsverbandes deutscher Soziologinnen und Soziologen (BDS) dokumentiert.
Die Tatsache, dass im aktuellen Fall eine Kollegin offenkundig zum wiederholten Mal in ihren wissenschaftlichen Publikationen in erheblichem Umfang plagiiert hat, ist geeignet das Vertrauen in die wissenschaftliche Dignität unseres Faches zu untergraben und muss daher auf das Schärfste verurteilt werden. Als Fachgesellschaft der akademisch lehrenden und forschenden Soziologie sieht sich die DGS in der Verantwortung für die Ausbildung der Studierenden, denen Lehrende die Standards des Faches auch ganz praktisch vermitteln und vorleben müssen – Studierenden, die überdies bei vergleichbarem Verhalten Gefahr laufen, ihren Prüfungsanspruch zu verlieren. Wir sehen uns aber auch in der Verantwortung für die vielen jüngeren, nahezu immer in prekären Beschäftigungsverhältnissen tätigen Kolleginnen und Kollegen, denen es kaum zu vermitteln sein dürfte, wenn sich verbeamtete Professorinnen oder Professoren ihres Faches ihrer wissenschaftlichen Publikationsaufgaben durch großflächige Enteignung fremden geistigen Eigentums entledigen. Das kann und darf weder das Fach noch die Wissenschaft insgesamt tolerieren.
Das Skandalöse dieses Vorgangs, gerade in seiner unbeirrten Wiederholung, ruft indes auch die Frage auf, welchen Beitrag die strukturelle Unterfinanzierung des Wissenschaftssystems und der damit einhergehende Zwang zu Drittmittelakquise samt Publikationsdruck daran hat, dass wir mit solchen Fällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens in jüngerer Zeit und nicht allein in der Soziologie immer häufiger zu tun haben.
Der Darmstädter Untersuchungskommission, die diesen Fall – wie schon den vorhergehenden – sorgfältig und überaus transparent aufgearbeitet hat, gebührt unser aller Dank, und es ist an der TU Darmstadt, aus den Ergebnissen der Untersuchung die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.
Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziologie e.V. (DGS)