Meldungen des Vorstands

Rainer Schützeichel verstorben

Rainer Schützeichel ist im Oktober 2023 plötzlich verstorben. Seine nicht mehr geschriebenen Artikel und undurchgeführten Untersuchungen werden eine große Lücke im soziologischen Wissen hinterlassen.

Rainer Schützeichel hat sich in einem engen Sinne des caring for um Soziologie gekümmert. So erinnerte er in einer einführenden Publikation 2015 an die verloren geglaubte Teildisziplin der Historischen Soziologie und konnte 2022 die Gründung des Arbeitskreises Historische Soziologie in der Sektion Kultursoziologie im Rahmen einer großen Tagung mitfeiern. Auch war Rainer Schützeichel an einer sorgfältigen Relektüre tradierter Autor:innen der Soziologie gelegen, allen voran Georg Simmel.  Bei seiner Mitwirkung am Simmel Handbuch von 2018, wandte er sich den beiden Begriffen ›Neid‹ und ›Gier‹ zu, für Soziolog:innen eine eher ungewöhnliche Hinwendung zu diesen negativ besetzten Gefühlen. Rainer Schützeichel Interesse galt allerdings für den deutschsprachigen Raum schon früh einer Soziologisierung von Emotionen und Affekten. An der Etablierung einer Emotionssoziologie in Deutschland war er neben zahlreichen wegweisenden Publikationen auch theoriepolitisch geschickt mit den Hauptwerken der Emotionssoziologie (2013, hrsg. zusammen Konstanze Senge) beteiligt. Rainer Schützeichel hat die Mühe, zentrale Begriffe anderer Disziplinen für soziologische Forschung zugänglich zu machen, immer wieder auf sich genommen. Besonders eindrucksvoll sind hier sicherlich seine theoriebildenden Arbeiten der letzten Jahre zu ›Demütigung‹.

Neben dieser vielfältigen soziologischen Forschungsarbeit hat Rainer Schützeichel bis 2022 geschäftsführend die Zeitschrift für Soziologie mit herausgegeben und so ungezählte Artikel – sowie ihre Autor:innen – auf dem oft beschwerlichen Weg der peer reviewed Publikation begleitet. Auch wenn Rainer Schützeichel sich sehr deutlich gegen das Vermessen im Sinne von Rankings und Indizes gewandt hat (2019 in einer Publikation zur Entwicklung der Zeitschrift), gehört die ZfS doch zu einem der wichtigsten Publikationsorgane der Soziologie in Deutschland.

Wir danken Rainer Schützeichel und nehmen in Trauer Abschied.