Geschlechterverhältnisse sind kein Randaspekt demokratischer Gesellschaften – sie sind konstitutiv für ihre Funktionsweise, ihre Unterscheidungen und ihr Versprechen auf Gleichheit. Unter dem Begriff›Geschlechterdemokratie‹wurden in den letzten Jahrzehnten Konzepte entwickelt, die auf eine systematische Integration geschlechter-politischer Perspektiven in demokratische Prozesse zielen. Gleichzeitig zeigen sich gegenwärtig deutliche Gegenbewegungen: Antifeminismus, Anti-Gender-Ideologie und Angriffe auf Gleichstellungspolitiken sind nicht nur Begleiterscheinungen des globalen Rechtsrucks, sondern strategisch platzierte Elemente demokratiefeindlicher Mobilisierung und Instrumente zur Machtsicherung extrem rechter Akteur*innen.
Der 19. Band der IDZ-Schriftenreihe Wissen schafft Demokratie nimmt diese Spannungsfelder in den Blick: Welche Rolle spielt Geschlecht für das Verständnis und die Praxis von Demokratie? Wo sind Kämpfe um Geschlechtergerechtigkeit Teil demokratischer Fortschrittsgeschichten – und wo zeigen sich Brüche, Ausgrenzungen, Rückschläge? Und wie hängen Angriffe auf Gleichstellung, feministische Bewegungen und queere Sichtbarkeit mit autoritären, demokratiefeindlichen Entwicklungen zusammen?
Wir freuen uns über Einreichungen insbesondere zu folgenden priorisierten Themenfeldern:
- Demokratie aus Geschlechterperspektive: Theorien der Geschlechterdemokratie, feministische Demokratietheorie, queerfeministische Kritik an demokratischen Institutionen
- politische Repräsentation und Teilhabe: Machtverhältnisse, Partizipationshürden und Strategien geschlechtergerechter Demokratiegestaltung
- Intersektionalität und Geschlechtergerechtigkeit: Wechselwirkungen von Geschlecht mit Rassismus, Klassismus, Antisemitismus, Ableismus u. a.
- zivilgesellschaftliche Akteur*innen zwischen Emanzipation und Reproduktion: Rolle feministischer Initiativen und queerer Bewegungen, aber auch geschlechterbezogene Ausschlüsse in progressiven Zusammenhängen
- Digitalisierung und Geschlecht: geschlechterspezifische Dynamiken in digitalen Öffentlichkeiten, Hatespeech, Plattformregulierung und demokratische Gegenstrategien
Darüber hinaus sind Beiträge zu folgenden ergänzenden Themen willkommen:
- Anti-Gender-Bewegungen und trans*feindliche Bewegungen: internationale und interkonfessionelle Netzwerke, Argumentationsmuster, institutionelle & staatliche Reaktionen
- räumlich-soziale Dynamiken: Antifeminismus im ländlichen Raum, Gewaltformen und zivilgesellschaftliche Reaktionen
- ökonomische Ursachen und gesellschaftliche Dynamiken: Prekarität, Statusverlust und ihr Einfluss auf gleichstellungspolitische Debatten
- historische Kontinuitäten: Demokratisierungskämpfe und Gegenbewegungen im 20. Jahrhundert
Wir begrüßen insbesondere empirische Beiträge, die Handlungsperspektiven für eine gerechtere demokratische Praxis eröffnen. Besonders erwünscht sind Perspektiven mit Bezug zu Thüringen und dem Ostdeutschland-Kontext.
Über die Schriftenreihe
Die Schriftenreihe›Wissen schafft Demokratie‹des IDZ ist ein Instrument für den Transfer von Beobachtungen, Erfahrungen, Analysen und Befunden zwischen Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik. Menschenfeindliche und demokratiegefährdende Phänomene werden von unterschiedlichen Standpunkten beleuchtet. Sie richtet sich an zivilgesellschaftliche und politische Akteur*innen sowie an Wissenschaftler*innen. Sie erscheint zweimal jährlich kostenfrei als Print- und Open-Access-Version mit großer Reichweite (https://www.idz-jena.de/schriftenreihe/ueber-die-schriftenreihe).
Die Schriftenreihe richtet sich an Forschende und Praktiker*innen, daher wird ein auch für Nichtakademiker*innen verständlicher Schreibstil erwartet. Interessierte senden bitte bis spätestens 15. Oktober 2025 ein Abstract im Umfang von max. zwei Seiten an wsd(at)idz-jena.de. Die Abstracts werden redaktionell gesichtet. Autor*innen ausgewählter Abstracts werden schnellstmöglich eingeladen, ein Manuskript (max. 20.000 Zeichen ohne Literaturverzeichnis) bis zum 31. Januar 2026 einzureichen. Diese werden anschließend begutachtet. Die positiv begutachteten Beiträge erscheinen dann voraussichtlich im Sommer 2026. Wir freuen uns auf Ihre Einreichungen!