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Inklusion und Exklusion Älterer in der Ära künstlicher Intelligenz

Deadline: 11. Oktober 2024

Voller Hoffnung blickt die moderne Gesellschaft auf die Versprechungen der Digitalisierung für ältere Menschen, beispielsweise ermögliche sie soziale, kulturelle und politische Teilhabe. Soziale Probleme des Alters wie Einsamkeit, Gebrechlichkeit oder Armut und ihre Folgen könnten durch Digitalisierung gemildert werden. Aber nicht nur Einzelne, sondern auch Organisationen hoffen auf digitale Lösungen (Solutionismus): Vorteile von Big Data werden z.B. darin gesehen, Krankheiten besser erkennen und behandeln zu können, die Kompetenzen der Patient*innen zu stärken und die Kosten des Gesundheits- und Pflegewesens im demographischen Wandel zu senken. Im Bereich Wohnen wird erhofft, Smart Homes werden u.a. dazu beitragen, die Selbständigkeit im Alltag so lange wie möglich zu erhalten und pflegende Angehörige zu entlasten. Dabei verläuft die Digitalisierung dynamisch, kaum Schritt zu halten ist mit den neuesten Entwicklungen im Bereich der KI. Zu fragen ist hier nach den Bedingungen gelingender Inklusion Älterer.

Bereits während der Corona-Pandemie haben digitale Techniken, unter anderem aufgrund der Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Pandemie, einen großen Schub erfahren, mit sozial ungleichen Auswirkungen, z.B. einer Stärkung der digitalen Spaltung. Bei der Frühjahrstagung fragen wir nach den aktuellen intendierten und nicht-intendierten Folgen neuester digitaler Entwicklungen in der Ära künstlicher Intelligenz. Welche Folgen für das Leben im Alter haben beispielsweise Selbstbedienungskassen anstelle des Plauschs mit Kassiererin*innen, der Selbst-Check-In bei der Deutschen Bahn statt des Kaufs des analogen Tickets am Schalter oder Beratungsgespräche mit Chat-Bots oder Konversations-Engines statt mit persönlichen Ansprechpersonen? Es ist davon auszugehen, dass die Auswirkungen in der KI-Ära ambivalent sind: Sowohl Inklusions- als auch Exklusionsprozesse älterer Menschen können durch den Einsatz von Technik befördert werden.

Beforscht wird z.B., wie soziale Gruppen durch Digitalisierung Diskriminierung erfahren, und zwar sowohl im Hinblick auf Ageism, Racism und in intersektionaler Perspektive, als auch aufgrund von sozialer Ungleichheit und Armutsbetroffenheit, etwa wenn Algorithmen mittleres Lebensalter, weiße Hautfarbe, Männlichkeit usw. als typischen Fall unterstellen. Die Digitalisierung könnte dann zur Folge haben, dass zunehmend mehr Menschen aufgrund ihres Alters, ihres Geschlechts, ihrer sozialen Position etc. Diskriminierung erleben. Benachteiligungen können daraus resultieren, wenn manche ältere Menschen zu bestimmter digitaler Technik keinen Zugang haben, etwa aufgrund des fehlenden Internetzugangs oder aufgrund eines fehlenden Smartphones. Benachteiligungen ältererMenschen können auch resultieren, wenn sie zwar den Zugang zu digitaler Technik haben, nicht aber über entsprechende Kompetenzen verfügen. Solche Benachteiligungen können mit einer Reproduktion und Veränderung sozialer Ungleichheit durch digitale Technologien einhergehen. Die digitale Spaltung im Zugang (access), in den Fähigkeiten (skills) und in der Lebensqualität (quality of life) könnte sich in der KI-Ära weiter vergrößern.

Bei der Frühjahrstagung wollen wir die ›schöne neue Welt‹ der Digitalisierung und KI aus alter(n)ssoziologischer Sicht beleuchten und kritisch hinterfragen sowie anhand von aktuellen Beiträgen diskutieren. Es sind deutsch- und englischsprachige Beiträge willkommen. Beiträge mit Schwerpunkt Theorie sind ebenso willkommen wie empirische Beiträge, etwa zu diesen und weiteren Fragen:

  1. Wie wirkt sich generative KI aus, kann KI die Vielfalt des Alters abbilden? Werden negative Altersbilder und Altersselbstbilder durch digitale Technik verstärkt oder abgeschwächt? Nehmen Altersfeindlichkeit und Altersdiskriminierung ab oder zu?
  2. Wie funktioniert algorithmische Diskriminierung und welche Folgen bringt sie für das Leben und die soziale Ungleichheit im Alter mit sich?
  3. Welche Inklusions- und Exklusionsprozesse werden durch KI angestoßen? Wie verändern sich z.B. Arbeitsbedingungen für ältere Arbeitnehmer*innen durch Digitalisierung und KI?
  4. Wie können ältere Menschen vor Internetbetrug, Missbrauch und Cyber-Bedrohungen geschützt werden? Welche Verordnungen und politischen Regelungen sind bereits erlassen oder sind wünschenswert, um die rasche Entwicklung der digitalen Welt zu regulieren?
  5. Nimmt soziale Ungleichheit im Alter aufgrund der Digitalisierung in der Ära der künstlichen Intelligenz zu?

Abstracts von max. 1 Seite bitte bis zum 11.10.2024 senden an:

claudia.vogel(at)alternssoziologie.de