Herausgeberinnen: Meike Brückner (Humboldt-Universität zu Berlin), Katharina Kreissl (Johannes Kepler Universität Linz), Victoria Reitter (Universität Salzburg), Karin Sardadvar (Wirtschaftsuniversität Wien)
Die Frauen- und Geschlechterforschung leistet bereits seit den 1970er Jahren wesentliche Beiträge zu gesellschaftlichen Naturverhältnissen und zum Verhältnis von Patriarchat und Ausbeutung der Umwelt in globalen Kapitalismus. Im Lichte der aktuellen Klima- und Umweltkrise ist das Interesse an diesen Zugängen zwar erstarkt, ihre Perspektiven finden allerdings nach wie vor in vielen wissenschaftlichen und politischen Herangehensweisen an Klimakrise, Biodiversitätsverlust, etc. nicht entsprechend Eingang. Dabei stellen gerade die Gender Studies mit ihrer Theoretisierung von Mensch-Natur-Verhältnissen und der kritischen Analyse von Macht- und Herrschaftsbeziehungen einen zentralen Missing Link in der Debatte um eine sozial-ökologische Transformation dar. Feministische Perspektiven richten beispielsweise den Blick darauf, wie sich vergeschlechtlichte Machtverhältnisse in gesellschaftliche Naturverhältnisse einschreiben und wie Formen hegemonialer Männlichkeiten untrennbar mit dem Klimawandel verknüpft sind.
In der Geschlechterforschung werden des Weiteren Geschlechterrepräsentanz und -narrative im internationalen Diskurs um die Klima- und Umweltkrise diskutiert. Dabei wird kritisiert, dass geschlechtsspezifische Zuschreibungen den Diskurs prägen: Frauen wird häufig die Position als Umwelthüterinnen und ›shock absorbers‹ einerseits sowie als Opfer und marginalisierte Gruppe andererseits zugeschrieben. In den Debatten um eine sozial-ökologische Transformation ist auch immer wieder die Frage der Verantwortung und Responsibilisierung bedeutsam. In diesem Zusammenhang betonen Geschlechterforscher*innen die nötige Politisierung anstelle von Individualisierung von Klima- und Umweltverantwortung. Außerdem wirft feministische Kritik Fragen von Agency und Subjektivierung im Kontext einer euro- und androzentristisch verankerten Wissensproduktion auf. Post- und dekoloniale Zugänge weisen auf den Zusammenhang von westlicher Wissensproduktion, Ausbeutungsverhältnissen und Klimakrise hin.
Dieser Call for Abstracts will Perspektiven aus den Gender Studies und feministischen Theorien auf die aktuellen Klima- und Umweltkrisen sammeln und die zahlreichen Verflechtungen zwischen multiplen Ausbeutungsverhältnissen adressieren. Dabei sollen unterschiedliche Perspektiven aus der Geschlechterforschung aufgegriffen werden, darunter ökofeministische, intersektionale, postkoloniale Ansätze, Queer und Trans Studies oder kritische Männlichkeitsforschung. Eingereichte Beiträge können das Thema aus verschiedenen Disziplinen und aus interdisziplinären Perspektiven beleuchten.
Wir laden ein, erweiterte Abstracts als Vorschläge für Beiträge für das ÖZS-Sonderheft einzureichen. Beiträge können empirisch (qualitativ, quantitativ, mixed methods) oder konzeptuell sein. Die Beiträge können sich mit den folgenden Fragen beschäftigen, aber auch andere Beiträge zum skizzierten Themenbereich, die hier nicht explizit angeführt sind, sind willkommen:
Wie tragen Ansätze aus feministischen Theorien und Gender Studies zum Verständnis der Klima- und Umweltkrisen bei? Welche Lösungsansätze haben sie? Welche rechtlichen und politischen Perspektiven kann die Geschlechterforschung beispielsweise aufzeigen?
Inwiefern ermöglicht es die Geschlechterforschung, Strategien gegen die Klima- und Umweltkrisen zu entwickeln, die deren untrennbare Verknüpfung mit multiplen Ungleichheiten anerkennen und adressieren?
Wie können Ansätze aus der Tradition des Ökofeminismus mit konstruktivistischen und nicht-binären Geschlechterkonzepten zusammengeführt werden?
Welchen Beitrag kann feministische, post- oder dekoloniale Kritik an der hegemonialen Wissensproduktion für den Diskurs rund um die Klimakrise leisten?
Welche inhaltlichen Felder (Ernährung, Wasser, Energiekonsum, etc.) haben sich in der feministischen Diskussion um die Klima- und Umweltkrisen herausgebildet? Was wird empirisch stärker erfasst, was wird bislang nur wenig untersucht?
Wie können nichtmenschliche Lebewesen mithilfe feministischer Zugänge in der Debatte um die Klima- und Umweltkrisen einbezogen werden?
In welchem Verhältnis stehen feministische Theorie, Forschung und Aktivismus im Umgang mit den Klima- und Umweltkrisen zueinander?
Wie können feministische Perspektiven den Nexus zunehmender globaler Mobilität mit Klima- und Umweltkrisen besser verständlich machen? Welche Ansätze aus der Genderforschung können dazu beitragen, die Auswirkungen von Migration auf die Neukonfiguration globalisierter Ungleichheiten (in lokalen Regionen) zu untersuchen?
Welche Beiträge liefern feministische Theorien und Gender Studies zu Konzepten und Empirie in Hinblick auf nachhaltige Arbeit?
- Welche Zusammenhänge bestehen zwischen Gender, sozial-ökologischer Transformation und Zeit? Welche Zeitpolitiken lassen sich daraus ableiten?
Zum Einreich- und Reviewprozess:
Wir ersuchen um die Einreichung von erweiterten Abstracts per E-Mail an
katharina.kreissl(at)jku.at und karin.sardadvar(at)wu.ac.at. Der erweiterte Abstract sollte 1.500 Wörter (exkl. Bibliographie) umfassen und die zentralen Argumente und Inhalte des geplanten Artikels widerspiegeln. Autor*innen ausgewählter erweiterter Abstracts werden dazu ein- geladen, einen Vollbeitrag einzureichen (sh. Timeline unten), welcher einem Peer-Review- Prozess unterliegt. Die Einladung zur Einreichung eines Vollbeitrags stellt daher keine Garantie für die Veröffentlichung des endgültigen Beitrags in der ÖZS dar. Die Beiträge (Hauptbeitrag oder Forschungsnotiz) können in deutscher und englischer Sprache verfasst werden und die Verantwortung für das Lektorat oder Proofreading liegt bei den Autor*innen.
Hier finden Sie weitere Hinweise für Autor*innen zur Gestaltung des Beitrags.
Frist für die Einreichung eines erweiterten Abstracts: 01.12.2023 (bitte per E-Mail an katharina.kreissl(at)jku.at und karin.sardadvar(at)wu.ac.at). Rückmeldung über die Annahme des erweiterten Abstracts: bis 22.12.2023 Frist für die Einreichung des vollständigen Beitrags: 29.02.2024