Aktuell

Marginalisierung und Armut

Deadline: 15. Februar 2023

Die Gesellschaft befindet sich aktuell in einem beunruhigenden Krisenmodus, womit viele Herausforderungen für Wirtschaft, Bildung, Kultur und die Politik einhergehen. Dabei geraten bestimmte soziale Konflikte und Problemlagen sozialer Gruppen etwas aus dem Blick. So nimmt seit geraumer Zeit der Anteil der von Armut betroffenen Senior:innen deutlich zu und steigt das Armutsrisiko für zukünftige ältere Generationen (u.a. Cremer 2017). Vor allem alleinstehende, ältere Frauen sind massiv von Einschränkungen betroffen. Um am sozialen und kulturellen Leben teilhaben zu können, sind neben der Mobilität auch zeitliche und finanzielle Ressourcen wichtig. Geldnöte tragen eklatant zur Marginalisierung und Vereinsamung älterer Menschen bei. Gleichwohl gibt es im karitativen Bereich nicht wenige Initiativen in Deutschland, die der sozialen Ausgrenzung (Bauman 2005) und Isolation älterer Menschen Abhilfe schaffen wollen. Telefonische Seelsorge, Nachbarschaftsläden, Seniorenclubs, Online‐Seniorentreffs (z.B. Deutsches Seniorenportal), Bürgerplattformen (z.B. nebenan.de) sind nur einige Beispiele aus einem breiten Angebot, das aber unterschiedlich zugänglich ist und frequentiert wird. Nach wir vor gibt es soziale und digitale Klüfte in den älteren Bevölkerungsgruppen, die im Übrigen auch gar nicht unter sich bleiben wollen, sondern durchaus an Mehrgenerationenprojekten interessiert sind.

Armut ist hingegen oftmals ein Exklusionskriterium, denn soziokulturelle Angebote on‐ oder offline benötigen Ressourcen etwa im Hinblick auf die medientechnische Ausstattung, sind mit Kosten für Telekommunikation, für Fahrten und eventuell mit Mitgliedsbeiträgen verbunden. Somit führt monetäre Armut zugleich zu einem Mangel an kulturellem Vergnügen und verstärkt die damit einhergehende Beziehungsarmut (Morin 2012). Eine Begleiterscheinung mangelnden Wohlstands ist häufig Diskriminierung und (Selbst‐)Stigmatisierung (u.a. Ageism). So geben Betroffene ungern zu, dass sie etwa die Tafeln nutzen müssen, um über die Runden kommen zu können, dass sie Hilfsjobs übernehmen, Pfand sammeln, Angehörige um Unterstützung bitten müssen, verschuldet sind. In der Medienberichterstattung ist die prekäre Situation dieser Gruppen kaum präsent, wenngleich die Armut und Marginalisierung älterer Menschen sozialpolitisch mittelfristig pressieren wird. Nicht zuletzt, wenn die so genannten Babyboomer (geboren zwischen 1946 bis 1964) in Rente gehen und das Sozial‐/Gesundheitssystem zwangsläufig belasten werden.

Das Schwerpunktheft möchte nicht nur für die Armut und Marginalisierung älterer Menschen sensibilisieren, sondern sich vor allem der medialen Darstellung und themenspezifischen Diskurse annehmen. Wie werden ältere, vereinsamte und/oder marginalisierte Menschen in verschiedenen Medien visualisiert, wie adressiert und gegebenenfalls stigmatisiert? Welche Angebote werden armutsbetroffenen resp. marginalisierten Menschen im höheren Alter gemacht und wie werden sie digital erreicht (z.B. über Wohlfahrtsverbände, die Volkssolidarität, Kirchen, Verbände oder auch Nachbarschaftsnetzwerke? Wie werden ältere Menschen schon per se als vereinsamt visualisiert (etwa auf Websites von Pflegeheimen oder in Broschüren von Pflegeeinrichtungen)? Wie erleben ältere Menschen selbst den Mediendiskurs über Armut und Marginalisierung, die Medienbilder und Medienstigmata?

Die Autor:innen des Schwerpunkthefts ›Marginalisierung und Armut‹ sind aufgefordert, sich diesen und weiteren Fragen interdisziplinär zu widmen. Die Zeitschrift Medien & Alter(n) ist ein Forum für kommunikationswissenschaftliche, literatur‐ und medienwissenschaftliche, erziehungswissenschaftliche, psychologische, soziologische sowie gerontologische Perspektiven. Wir begrüßen sowohl theoretische als auch empirische, sowohl disziplinäre als auch interdisziplinäre Zugänge zum Forschungsfeld ›Marginalisierung und Armut‹.

Schwerpunktbeiträge im Umfang von circa 35.000 Zeichen sind bis zum 15.02.2023 in digitaler Form an die Schwerpunktherausgeber/innen zu senden.

Informationen zur Zeitschrift ›Medien & Altern‹ finden Sie beim kopaed‐Verlag (München).