Forschung in und über Kriminalisierungs- und Ausgrenzungsprozesse, soziale Probleme und soziale Kontrolle stellt sich besonderen Herausforderungen. Gegenstände kritisch-kriminologischer Forschungen sind Teil öffentlicher Problematisierungen und so normativ und (kriminal)politisch aufgeladen, bisweilen polarisieren sie. Dies liegt auch daran, dass die Gegenstände häufig aus eben jenen Praxisbezügen heraus generiert werden und gesellschaftliche Ordnungsverhältnisse adressieren.
Jüngste Auseinandersetzungen zu methodischen und methodologischen Fragen und Engpässen sowie Herausforderungen, denen sich empirische Sozialforschung im Themenfeld Kritischer Kriminologie stellt, sind bislang vor allem im Kontext des qualitativen Methodenparadigmas verortet (Jukschat/Leimbach/Neubert 2022; Copes/Miller 2015; Faria/Dodge 2022; Miller/Palacios 2015). Zugleich bieten quantitative Methoden oder Mixed Methods-Designs Zugriffe – etwa mit Blick auf Big Data oder eben durch eine instanzenkritische, systematische Beachtung und Auswertung gesellschaftlicher Strukturkategorien.
Im geplanten Schwerpunktheft wollen wir die Auseinandersetzung mit forschungsmethodischen Ansätzen und Methodologien aufnehmen und die ›Arbeit mit den Gegenständen‹ beleuchten. Mit dem Ziel Theorie und Methoden in den kritisch-kriminologischen Dialog zu bringen, fragen wir nach Forschungsmethoden, Feldern und ihren Potenzialen für eine kritisch-kriminologische Sozialforschung. Wir freuen uns über Beitragsvorschläge, die eine der nachfolgenden Fragen aufgreifen oder auch darüber hinaus gehen:
- Was heißt es, kritisch zu forschen? Welche methodologischen und methodischen Zugänge eignen sich für eine sich als kritisch verstehende Kriminologie? Bestehen hier grundlagentheoretische Wahlverwandtschaften oder auch Unvereinbarkeiten?
- Wie navigieren sich Forschende im Bereich kritisch-kriminologischer Sozialforschung durch das Spannungsfeld von Forschungsinteressen, methodologischen Potenzialen und Zugzwängen sowie ethischen und (datenschutz)rechtlichen Anforderungen?
- Was implizieren Entwicklungen wie open science und open data für kritisch-kriminologische Forschungen?
- Welche Herausforderungen und Fallstricke sind charakteristisch für kritisch-kriminologische Forschungskontexte? Welche Ansätze gibt es?
- Was sind aktuelle Themen, Forschungsfragen und Felder kritisch-kriminologischer empirischer Forschung?
- Wie gelingt eine forschungsmethodisch orientierte Lehre kritisch-kriminologischer Sozialforschung?
Willkommen sind empirisch fundierte und/oder theoretische Beiträge. Wir freuen uns über eine kurze Konzeption (ca. eine halbe Seite) bis zum 10.02.2023 an: Dörte Negnal (doerte.negnal(at)uni-siegen.de) & Nadine Jukschat (nadine.jukschat(at)hszg.de)
Die Beiträge selbst sollten zum 31.03.23 vorliegen und ca. 45.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) umfassen.