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Prekäres Gemeinwohl? Professionen zwischen Markt, Partikularinteressen und sozialer Verantwortung

auf der DGS-Regionalkonferenz "Great Transformation: Die Zukunft moderner Gesellschaften", Universität Jena, 23. – 27. September 2019

Organisator_innen: Christiane Schnell (Frankfurt am Main), Julia Gutjahr (Hamburg)

Die Gemeinwohlorientierung ist die zentrale Legitimation des Sonderstatus der Professionen. Die besondere Expertise von Professionen ist gleichermaßen von gesellschaftlicher Relevanz, wie sie dem Gemeinwohl dienen soll. Während diese idealtypische Konzeption historisch-kritisch relativiert wurde, sorgte die Einführung sogenannter neuer Steuerungsprinzipien in der öffentlichen Daseinsvorsorge für einen Strukturwandel im Feld der professionellen Arbeit. Vertrauen in die professionelle Wertorientierung und kollektive Selbstregulation sollte zumindest teilweise durch ›Accountability‹ sowie mitunter der Vorstellung von KlientInnen als souveräne KonsumentInnen abgelöst werden. Und nicht zuletzt haben Professionen selbst Strategien der Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen entwickelt und durchaus auch proaktiv ihre eigene Kommerzialisierung betrieben. Wo also bleibt die Gemeinwohlorientierung im Feld der professionellen Arbeit unter den Bedingungen des Strukturwandels und zunehmender Privatisierung des öffentlichen Sektors? Ist das Gemeinwohl nicht auch an einen Konsens des gesellschaftlich Relevanten gebunden, der von der Wettbewerbsdynamik bspw. im Gesundheits- und Sozialsystem oder Kulturbereich untergraben wird? Was geschieht mit der professionssoziologischen Überlegung, dass das Verantwortungsbewusstsein in der professionellen Praxis selbst erzeugt wird? Diese und andere Fragen im Spannungsfeld zwischen Gemeinwohlorientierung, Partikularinteressen und der Rückkehr des Staates werden im Rahmen der Sektionsveranstaltung diskutiert. Empirische wie theoretische Beiträge zu klassischen oder neuen Feldern der professionellen Arbeit sind hierzu gleichermaßen eingeladen.

Beiträge:

  • Christiane Schnell (Frankfurt am Main), Julia Gutjahr (Hamburg): Gemeinwohlorientierung und Strukturwandel im Feld der professionellen Arbeit
  • Gina Atzeni (München): Überlegungen zur sozialen und soziologischen Funktion des Konzepts Gemeinwohlorientierung
  • Silke Ötsch (Göttingen): Professionelle der Steuergestaltung. Unterstützt der institutionelle Rahmen der Professionellen in Deutschland Tendenzen der Entbettung oder Wiedereinbettung?
  • Friedrich Heubel (Marburg): Überwucherte Professionalität: ›Soul of Professionalism‹ und das Gesundheitswesen
  • Ramona Lange (Berlin), Kaspar Molzberger (Berlin), Susanne Dettmer (Berlin): Karrieren in der Universitätsmedizin zwischen professioneller Kollegialität und Einzelinteresse
  • Freya Gassmann (Saarbrücken), Eike Emrich (Saarbrücken): (Nachwuchs-) Wissenschaftler im Spannungsverhältnis von Beruf(ung) und Berufungsfähigkeit?
  • Helena Flam (Leipzig): Professionen und Zivilgesellschaft