Aktuell

Transformationen, Brüche und (In-)Konsistenzen – Langzeitperspektiven in der Qualitativen (Sozial-)Forschung

Deadline: 15. Januar 2023

Thema und Ziele

Qualitative Methoden sind durch ihre Orientierung an alltäglichen Lebenswelten und Alltagspraktiken prädestiniert dafür, nicht nur Positionierungen zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erheben, sondern auch (In-)Konsistenzen, Brüche und Transformationen über die Zeit hinweg nachzuvollziehen. Besonders durch eine langfristige Perspektive auf Prozesse der zwischenmenschlichen Kommunikation und des Aushandelns von Bedeutungen kann qualitative Forschung zeigen, dass Einstellungen und Überzeugungen oftmals situativ aktiviert und kontinuierlich evaluiert werden, gleichzeitig aber auch unter veränderlichen Bedingungen persistente Elemente aufweisen können.

Die qualitative Langzeitperspektive wird allerdings aus diversen, zumeist eher forschungspragmatischen Gründen, in der gegenwärtigen Forschungslandschaft kaum und wenn eher über rekonstruktive Elemente im Rahmen kurzer, einmaliger Feldaufenthalte eingelöst. Auch Methodentriangulationen zielen typischerweise mehr auf ein Nebeneinander als ein zeitliches Nacheinander von Messungen ab. Ein langfristig angelegtes Studiendesign, welches die (In-)Konsistenzen, Brüche und Transformationen selbst in den Blick bekommt, ist bislang eher die Seltenheit. In einer stark kompetitiven, auf raschen Impact, zahlreichen Output und kurze Qualifikations- bzw. Verweildauern ausgerichteten Forschungslandschaft lassen sich langwierige ethnographische Studien und andauernde oder wiederkehrende Feldphasen oftmals nur schwer mit der Verwertungslogik des Wissenschaftssystems in Einklang bringen. Aber auch konkrete methodische Herausforderungen und Problemlagen lassen qualitative Langzeitstudien eher zu Ausnahmen als zum Regelfall werden. Folglich sind positive wie negative Erfahrungen mit qualitativen Langzeitstudien rar dokumentiert, Probleme und Potentiale in der Methodenliteratur wenig diskutiert und modellhafte Lösungswege und Vorgehensweisen kaum demonstriert. Diese Tagung setzt sich daher zum Ziel, qualitative Langzeitforschung und Studien mit qualitativen Mehrfachtreatments in konzeptioneller, methodologischer und forschungspraktischer Hinsicht zu reflektieren und Projekte, methodische Strategien und Vorgehensweisen zu präsentieren. Letztlich sollen Momente des Erfolgs und des Scheiterns gemeinsam diskutiert werden. Ziel ist es, gemeinsam zur Weiterentwicklung qualitativer Langzeitforschung beizutragen.

Erbeten sind Beiträge aus der Kommunikationswissenschaft, Soziologie, Kulturwissenschaft, Politikwissenschaft und benachbarten Disziplinen zu folgenden und darüber hinausreichenden Themenbereichen:

Konzeption und Design von Langzeitstudien

  • Qualifikation und Antragsstellung: Wie lassen sich wissenschaftliche Qualifikationsarbeiten mit einer Langzeitperspektive vereinen und welche Strategien zurAntragsstellung können formuliert werden? Welche logistischen Herausforderungen in Bezug auf Personalmittel, Datenverwaltung und Zeitressourcen ergeben sich?
  • Welche Längsschnittdesigns sind denkbar bzw. realisierbar (Trendanalyse, (kontinuierliche) qualitative Inhaltsanalyse, qualitative Panelstudien etc.)?
  • Aufwand und Ertrag der Langzeitperspektive aus Sicht von Forschenden und Informant:innen: Warum sollte man sich das antun, wie überzeugt man zur Mitwirkung (bei Rezeptions-, Wirkungs-, Aneignungsstudien etc.)?


Der Kontext Zeit

  • Welche methodischen Herausforderungen bringt eine Langzeitperspektive mit sich? Wie können Veränderungen auf der gesellschaftlichen Ebene, den Medieninhalten, den Rezeptions- und Aneignungsprozessen, etc. methodisch gefasst werden?
  • Was bedeutet ein Längsschnittdesign für uns als Forschende, für ein Forschungsteam (z.B. Rolle von personellen Veränderungen etc.)? Wie kann ich, als Forschende:r, einen Zeitplan einhalten?
  • Wie sollten sich verändernde Kontexte im Alltag der Teilnehmenden (bei Rezeptions-, Wirkungs-, Aneignungsstudien etc.) berücksichtigt werden?

Herausforderungen im Verlauf

  • Anpassung, Aktualisierung und Adaption von Erhebungsinstrumenten: Wieviel Stabilität und Wiederkehr von Erhebungselementen braucht es, wieviel Neues tut not, wieviel Lernen zwischen den Wellen ist erforderlich? Wie lässt sich die Auswertung erster Ergebnisse realisieren und diese in den Forschungsprozess integrieren?
  • Forschungsethische Herausforderungen, Nähe, Distanz und Spannungen im Forschungsprozess: Wie kann mit Spannungen durch die Veröffentlichung von Teilergebnissen umgegangen und Konflikte im Prozess gehandhabt werden?
  • Rekrutierung, Pflege und Erhalt der Mitwirkungsbereitschaft von Informant:innen (bei Rezeptions-, Wirkungs-, Aneignungsstudien etc.): Modifikationen und Erweiterungen des Samples als Bug oder Feature?

Methodische Einblicke in abgeschlossene und noch laufende Projekte

  • Welche Methoden sind innerhalb von Längsschnittdesigns bereits realisiert worden?
  • Aus Erfahrungen lernen: Welche take-aways konnten aus dem Forschungsprojekt mitgenommen werden?
  • Momente des Erfolgs und des Scheiterns: Wie wurde mit Krisen im Forschungsprozess umgegangen?

Neben fokussierten Einreichungen zum Tagungsthema ist es zudem möglich, thematisch anders gefasste Beiträge (im Rahmen qualitativer Forschung) für zwei offene Panel einzureichen. Dafür gelten ebenfalls die Einreichungsmodalitäten plus der Hinweis der Eingabe für ein offenes Panel.


Einreichungsmodalitäten

Einreichungen für Präsentationen können bis 15. Januar 2023 per E-Mail an langzeitperspektiven(at)phil.uni-augsburg.de geschickt werden. Sie sollten ein Titelblatt mit allen Angaben zu den Autorinnen und Autoren sowie ein anonymisiertes Extended Abstract (maximal 500 Wörter exklusive Literaturangaben) enthalten.Organisatorische Hinweise Nach einem Get-Together am Vorabend beginnt die Tagung am Donnerstag, 20. April 2023, morgens und endet am Freitag, 21. April 2023, nachmittags. Weitere Informationen werden rechtzeitig bekannt gegeben. Wir planen eine Tagung in Präsenz. Wenn die Umstände eine Änderung des Formats erzwingen, werden wir dies ebenfalls rechtzeitig bekannt geben.

Zeitplan

15. Januar 2023: Einreichungsschluss der Abstracts
28. Februar 2023: Ende des Review-Verfahrens, Benachrichtigung der Vortragenden
Mitte März 2023: Veröffentlichung des Tagungsprogramms
19. bis 21. April 2023: Tagung


Organisation durch


Dr. habil. Christian Schwarzenegger, Katharina Schöppl MA. MA., Prof. Dr. Jeffrey Wimmer, Lisa Waldenburger MA.

Erreichbar unter: langzeitperspektiven(at)phil.uni-augsburg.de