Aus den Sektionen

Wohnen in Krisen. Krisen des Wohnens. Intersektionale Perspektiven auf zentrale Fragen des Alltagslebens

16./17. November 2023 an der Universität Osnabrück

Jahrestagung der Sektion Frauen- und Geschlechterforschung

Die Tagung bietet fünf spannende Panels, einen inspirierenden Key Note Vortrag von Anke Strüver (Universität Graz), eine  Buchvorstellung der kitchen politics sowie ein Pre-Conference Event speziell für Neumitglieder und Interessierte.

Für mehr Details beachten Sie bitte das Tagungsprogramm  (Änderungen vorbehalten).

Weitere Informationen zur Tagung (Ort, Anmeldung, Programm, Kontakt, etc.) entnehmen Sie bitte dem externen Webauftritt der Sektion.

Beschreibungstext

Das ›traute Heim‹ ist Ort der Aushandlung von Geschlechter- und anderen Machtverhältnissen. Das ›Zimmer für sich allein‹ (Virginia Woolf) ist Sinnbild für Privatsphäre und Freiraum, das gleichwohl nicht allen gleichermaßen offensteht und inhärent vergeschlechtlicht ist: Der Wohnraum gilt als Sphäre des Weiblichen, als Ort der unbezahlten Care-Arbeit. An der Frage der Verteilung häuslicher Reproduktionsarbeit sowie am Problem ›häuslicher‹ Gewalt offenbaren sich zentrale Aspekte vergeschlechtlichter Machtverhältnisse. Das Wohnen stand in den letzten Jahren jedoch nur noch selten im Fokus der Geschlechterforschung. Die Frage, wer wie wo und mit wem wohnt, wer sich wo ›zuhause‹ fühlen kann, ist nach wie vor virulent. Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre wollen wir daher die Frage nach dem Verhältnis von Wohn- und Geschlechterverhältnissen aus intersektionaler Perspektive neu aufwerfen.

Energiekrise, Mietendeckel, steigende Immobilienpreise, das eigene Zuhause als Lockdown-Gefängnis, Gentrifizierung und Landflucht – das Thema Wohnen ist gegenwärtig zum zentralen Debattenthema geworden. In der Corona-Pandemie wurden wir daran erinnert, wie sehr die Wohnsituation zur Frage der sozialen Chancengleichheit gehört. Die Wechselbeziehung von räumlichen Wohnstrukturen und Reproduktionsarbeit erlebt durch die Zunahme von Homeoffice-Beschäftigten sowie durch technologische Entwicklungen hin zu Smart(er) Homes eine Modifikation. Auch die größtenteils in Privaträumen stattfindende Versorgung von Kranken und Alten (teils durch Migrantinnen, die ihr Zuhause selten sehen) sowie die Wohnautonomie im Alter stellt sich in alternden Gesellschaften mit neuer Schärfe. Die Auswirkungen einer marktliberalen Wohnungspolitik werden angesichts der Infrastruktur(unter)versorgung, dem ›Aussterben‹ ländlicher Regionen und dem sozialen Wandel in Stadtteilen und der Segregation ganzer Städte zunehmend kritisch verhandelt. Im Zuge der Energiekrise und explodierender Mietpreise bei nur zögerlich steigenden Löhnen zeigen sich nicht nur die sozio-ökonomisch benachteiligten, sondern auch die als relativ gesichert geltenden Milieus beunruhigt: Wer kann die eigene Wohnung heizen, wer verbraucht wieviel warmes Wasser in der Badewanne und wie wird gelüftet? Und wer kann sich den Immobilienbesitz überhaupt noch leisten? An der Frage des Wohnens und des Immobilienbesitzes werden Fragen der Klassenzugehörigkeit und Distinktion verhandelt. Dabei haben seit jeher nicht alle ein ›Zuhause‹ – Obdachlosigkeit und Zwangsmigration sind nicht erst seit der Inflation und dem Ukrainekrieg (geschlechter-)soziologisch relevante Themen, ebenso wie die Situation von Frauen und queeren Menschen in entsprechenden Not- und Sammelunterkünften.

All dem soll auf der diesjährigen Jahrestagung der Sektion Frauen- und Geschlechterforschung der DGS mit einem intersektionalen Fokus auf Geschlecht nachgegangen werden.