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Bildung und Betrieb in der Transformation?

Deadline: 05. Mai 2025

Einreichungsschluss für Beitragsangebote ist der 05. Mai 2025, 12:00 Uhr.

Bitte reichen Sie einen Abstract (max. 500 Wörter, Literaturangaben nicht eingerechnet) zu Ihrem Beitragsvorschlag über https://www.conftool.net/dgs-bibb2025 ein. Sie erhalten von uns ab Anfang Juli 2025 eine Rückmeldung zu Ihren Einreichungen Die Tagung findet im November 2025 in Präsenz am Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn statt. Es wird keine Teilnahmegebühr erhoben.

Der Zusammenhang zwischen Bildung, Arbeit und Betrieb ist seit den 1970er Jahren Gegenstand sozialwissenschaftlicher Forschung. Diese Forschungsarbeiten beschäftigen sich insbesondere mit dem sozioökonomischen Strukturwandel und den technologischen Entwicklungen, die in den vergangenen Jahrzehnten zu tiefgreifenden Umbrüchen in Arbeit, Qualifikation und Beschäftigung geführt haben. Diese Entwicklungen bedingen eine wechselseitige Veränderung der Arbeits- und Betriebsorganisation sowie der Arbeits-, Qualifikations- und Kompetenzanforderungen und der Muster betrieblicher Rekrutierung von Fach- und Arbeitskräften. Der Betrieb als Ort kontinuierlicher Qualifizierungs- und Kompetenzentwicklung gewinnt infolge des damals beginnenden Strukturwandels immer stärker an Bedeutung (vgl. Baethge & Baethge-Kinsky 1998).

Eine bedeutende Rolle in dieser Entwicklung spielte das Ende der 1960er Jahre verabschiedete Berufsbildungsgesetz (BBiG), dass die duale Berufsausbildung bundesweit institutionalisierte. Dieses Gesetz sollte – ebenso wie der allgemeine Ausbau der Bildungsinstitutionen in den 1970er Jahren – zu mehr Bildungsgerechtigkeit und Inklusion beitragen. Parallel dazu richtete das Regierungsprogramm›Humanisierung der Arbeit‹(HdA) den Fokus auf Aus- und Weiterbildung, Partizipation und demokratische Bildung, um sowohl den sich wandelnden Anforderungen des Arbeitsmarktes als auch den gesellschaftlichen Veränderungen zu begegnen. In den 1990er und 2000er Jahren prägten zahlreiche Initiativen und eine intensive öffentliche Debatte im Kontext der›Informationsgesellschaft‹bzw.›Wissensgesellschaft‹den Diskurs. Diese Diskussionen thematisierten insbesondere die Herausforderungen an Bildung, Qualifikation und Kompetenzen (vgl. z.B. Bell 1973; Nora et al. 1979; Castells 1999; Baukrowitz et al. 2006; Dietzen et al. 2015). Die Debatten spiegelten sich teilweise in den Diskursen zum Kompetenzkonzept in beruflicher und allgemeiner Bildung wider, wobei die veränderte Bedeutung von Erfahrungswissen und theoretischem Wissen sowie das Konzept des “Lebenslangen Lernens" im Mittelpunkt standen.

Zugleich stellen die aktuell auf gesellschaftlicher und betrieblicher Ebene stattfindenden Transformationsprozesse nochmals ganz neue Herausforderungen dar. Dazu zählen u.a. gesellschaftliche Entwicklungen hin zu einer digitalisierten Arbeits- und Wissensgesellschaft, der Green Economy und den Bedingungen globaler Marktbeziehungen. Auf betrieblicher Ebene manifestieren sich diese Herausforderungen beispielsweise im Wandel von Unternehmensstrukturen, dem demografisch bedingten Fachkräftemangel, aber auch in neuen Managementkonzepten, einer zunehmenden Entgrenzung von Arbeit oder veränderten Organisationsstrukturen.

Aktuelle Befunde sozialwissenschaftlicher Analysen in diesem Themenkomplex beziehen sich auf veränderte Anforderungen an Beschäftigte und wiederum deren veränderte Ansprüche an berufliche Aufgaben und individuelle Entwicklungschancen in und durch die Arbeit. Studienergebnisse zum Strukturwandel von Berufs- und Arbeitsmärkten weisen zum Teil auf polarisierende Effekte für Beschäftigte hin. Sie bestätigen einerseits den Trend einer gestiegenen Nachfrage nach akademisch geprägten Qualifikationen, Kompetenzen und Fachkräften. Andererseits weisen sie auch auf eine mögliche Substitution der Aufgaben von Beschäftigten mit geringeren formalen Qualifikationen und beruflich geprägten Bildungswegen hin.

Mit dieser Tagung möchten wir Fragestellungen adressieren, die den Zusammenhang zwischen Bildung und Betrieb vor dem Hintergrund der aktuellen Transformationsprozesse (wie dem Bedeutungszuwachs wissensbasierter Arbeit im Betrieb, neuen qualifikationsbezogenen Spaltungen von Belegschaften oder bildungspolitische Herausforderungen in Bezug auf den demografischen Wandel im Betrieb) aus soziologischen Perspektiven in den Blick nehmen.

Dabei legen wir ein breites Verständnis der Begriffe Bildung/Kompetenz/Qualifikation zugrunde. Demgemäß sollen formale Bildungsprozesse, wie sie in der beruflichen Aus- und Weiterbildung institutionalisiert sind, als auch non-formale und informelle Weiterbildung sowie der Kompetenzerwerb außerhalb von Erwerbsorganisationen thematisiert werden können. Auch aktuelle Entwicklungen und die Sicherung von Beruflichkeit im Lebensverlauf sind von Bedeutung, u.a. weil der Bildungsauftrag im Konzept der beruflichen Handlungskompetenz als Ziel der deutschen beruflichen Aus- und Weiterbildung enthalten ist, und auf die soziale und politische Mündigkeit der Individuen in einer demokratischen Gesellschaft zielt.

Wir freuen uns über empirische und theoretisch/konzeptionelle Beitragsvorschläge, die sich an einer oder mehreren der nachfolgenden Thematiken und Fragen orientieren können:

  • Wie verändern sich Arbeitsorganisation, Qualifikationsanforderungen und Kompetenzen im Kontext der laufenden Transformationsprozesse in Betrieben, Branchen und regionalen Clustern?
  • Wie gestalten Betriebe Bildungs-, Lern- und Kompetenzentwicklungsprozesse und welche Bedeutung hat die berufliche Ausbildung für die Sozialisation im Betrieb sowie in Berufs- und Praxisgemeinschaften?
  • Wie beeinflusst die betriebliche Weiterbildung die soziale Differenzierung von Beschäftigten und welche personalpolitischen Maßnahmen nutzen Betriebe, um den Generationswechsel zu gestalten?
  • Welche Rolle spielen Berufe und Berufsprofile für die Bildungs- und Erwerbsbiografien von Beschäftigten sowie für die Fachkräfteentwicklung in Betrieben? Wie sollte/könnte ein modernes Berufskonzept aussehen?
  • Welche Faktoren prägen die Entscheidungen betrieblicher Akteure zur Fachkräfteentwicklung, Qualifizierung und Rekrutierung. Lassen sich betriebliche und überbetriebliche Handlungslogiken identifizieren?