Die Arbeitswelt unterliegt einem starken strukturellen und technologischen Wandel. Damit einher gehen neue Beanspruchungs- und Belastungssituationen für die Beschäftigten. Die tiefgreifenden Wandlungsprozesse der Arbeitsorganisation, der Formen der sozialen Kontrolle und Mitbestimmung, der Macht - und Hierarchieverhältnisse in der Arbeit sowie die Entgrenzung von Arbeit von Ort und Raum führen zu vielfältigen auch gesundheitlichen Herausforderungen.
Die Zunahme an psychischen Erkrankungen beispielsweise und an Schmerzerkrankungen werden etwa u.a. mit den neuen kommunikativen und psychosozialen Anforderungen in Verbindung gebracht. Arbeit enthält jedoch salutogene und pathogene Aspekte. Es ist die Arbeitswelt, die auch einen entscheidenden Teil zur Gesunderhaltung und Gesundwerdung beiträgt. Aus einer salutogenetischen Perspektive kann die neue (und ständig sich verändernde) Arbeitswelt nicht nur im Hinblick auf ihre Risiken, sondern auch im Hinblick auf ihre Chancen und ihre Potentiale für Verbesserungen betrachtet werden, etwa die Mitgestaltung von Arbeitsprozessen, die Abflachung von Hierarchien sowie die Vereinbarkeit von Care-, Sorge- und Erwerbsarbeit. Arbeit wird so zu einem Bereich, in dem Wohlbefinden zu thematisieren ist, nicht zuletzt, um die für die neue Arbeit notwendigen Subjektivierungsprozesse anzuleiten und zu gestalten. Arbeit, in ihren vielfältigen Ausprägungen, ist ein zentraler Modus der gesellschaftlichen Integration und ist für die Identitätsbildung von zentraler Bedeutung; die Glücksversprechungen spätmoderner
Gesellschaften kreisen zentral um den Arbeitsbegriff. Arbeit erhält uns gesund, Arbeit kann auch krankmachen. In besonderer Weise zeigt sich dies in der Covid-19-Pandemie, die Fragen nach den gesundheitlichen Auswirkungen eines stark vergeschlechtlichten Arbeitsmarktes (Stichpunkt Systemrelevanz bestimmter Branchen), der zunehmenden Anteile mobilen
Arbeitens und der sozial wie geschlechtlich ungleichen Verwirklichungschancen in der Arbeitswelt neu stellt.
Es sind somit Ressourcen und nicht (nur) Unzulänglichkeiten, Gesundheit und nicht (nur) Krankheit, Chancen und nicht (nur) Risiken zu thematisieren. Schließlich werden zentrale Identitätsdimensionen (wie Milieu, Lebensstil, Bildung, Körperumgang, Familie, Gender, Lebensentwürfe) direkt oder indirekt über Arbeit moderiert und finden Eingang in das Gesundheitsverhalten und in die Bewertung von Gesundheit. Vor d iesem Hintergrund der Sinnstiftung durch Arbeit sowie ihrer Effekte für die soziale Positionierung der Akteure lässt sich nach der Beziehung von Erwerbsarbeit (oder auch Nichterwerbsarbeit) und Gesundheit
und Krankheit fragen.
Für die Sitzung wird zu konzeptionellen und empirischen Beiträgen aufgerufen, die die Chancen und Risiken der neuen Arbeitswelt(en) für Gesundheit in den Blick nehmen. Einreichtermin für die Abstracts (2.500 Zeichen) ist der 15.4.2022.
Sitzungsleitung:
Prof. Dr. Heike Ohlbrecht
PD Dr. Stefan Dreßke
Lehrstuhl für allgemeine Soziologie/ Mikrosoziologie
Otto-von-Guericke Universität Magdeburg
Institut für Gesellschaftswissenschaften
PSF 4120
39016 Magdeburg
mail: heike.ohlbrecht(at)ovgu.de
mail: stefan.dresske(at)ovgu.de