Der ›AK Sociology of the far right‹ in der Sektion Politische Soziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die soziologischen Lücken in Begriffskonzeptionen und Theorien im Bereich der Rechtsextremismusforschung, die Frage nach den Herausforderungen im Bereich der Forschungsmethoden sowie das Verhältnis des Fachs zum Gegenstand im historischen Verlauf zu adressieren.
Obwohl Rechtsextremismus und damit verwandte Begriffe und Phänomene (z.B. Rechts- radikalismus, -populismus, -terrorismus, Faschismus, Far Right u.a.) die Frage nach gesellschaftlichen Ursachen und Kontextbedingungen akut aufwerfen, spiegelt die Soziologie den gesellschaftlichen Umgang mit ihnen bislang eher wider, als ihre gesellschaftliche Hervorbringung und (fehlende) Aufarbeitung zu reflektieren. Um dieses Manko näher auszuleuchten, bedarf es einer Analyse der spezifisch soziologischen Perspektive auf Rechtsextremismus.
Der Workshop ›Konjunkturen und Schwerpunkte soziologischer Rechtsextremismusforschung‹ möchte gesellschaftliche, historische und organisationale Bedingungen und ihr Wechselverhältnis zu soziologischer Rechtsextremismusforschung und ihren feldspezifischen Herausforderungen befragen und die folgenden Schwerpunkte diskutieren:
I. Historische, nationale und institutionelle Kontexte
- Wie hat sich die Rechtsextremismusforschung im Laufe der Zeit verändert? Welche Konzept- und Begriffskonjunkturen gab es? Welche Ansätze sind um- stritten, welche haben sich durchgesetzt? Welche Rolle haben dabei histori- sche, gesellschaftliche und institutionelle Rahmenbedingungen gespielt?
- Inwiefern unterscheidet sich die deutschsprachige Rechtsextremismusfor- schung von anderen nationalen Kontexten? Wann wird deutschsprachige For- schung international rezipiert, wo gibt es Übersetzungs- und Transferschwie- rigkeiten? Welche internationalen Debatten werden in Deutschland kaum zur Kenntnis genommen und warum?
- Welche (impliziten) Vorannahmen liegen der Rechtsextremismusforschung zugrunde? Wie beeinflussen etablierte Ansätze und bewährte Messinstru- mente die aktuelle Forschung? Welche blinden Flecken gibt es womöglich?
II. Soziologie und Rechtsextremismusforschung
- Was ist der spezifische Beitrag einer soziologischen Rechtsextremismusforschung (im Unterschied etwa zu politologischen Zugängen)? Welche soziologischen Konzepte, Methoden und Theorien können für die Rechtsextremismus- forschung nutzbar gemacht werden?
- Wie werden Konzepte der Rechtsextremismusforschung in die Disziplin zurückgespielt und dort rezipiert?
- Wie gestaltet sich das Verhältnis der Rechtsextremismusforschung zu spezielleren Forschungsfeldern (Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Sozialdarwinismus, Verschwörungstheorien, Antiliberalismus, Autoritarismus usw.)?
III. Feldspezifische Herausforderungen
- Welche Wechselverhältnisse finden sich zwischen aktivistischer Recherchearbeit, publizistischer Arbeit und wissenschaftlicher Auseinandersetzung im Themenfeld Rechtsextremismus? Wie werden die Ergebnisse der Rechtsextremismusforschung von der Zivilgesellschaft rezipiert?
- Welchen Effekt haben die institutionalisierte politische Bildung, Schwerpunktsetzungen von staatlichen Förderprogrammen und die Forderung nach Wissen-Praxis-Transfers auf die Rechtsextremismusforschung?
- Wie verändern zunehmende institutionelle Vorgaben zu Ethical Clearance den Feldzugang, die Datenerhebung und den Forschungsprozess? Welche Herausforderungen ergeben sich daraus für qualitative und quantitative Ansätze? In welchen normativen Spannungsfeldern bewegt sich die Rechtsextremismusforschung dabei?
Wir bitten bis zum 15. Oktober 2023 um Vorschläge für circa 20-minütige Beiträge an felix.schilk(at)uni-tuebingen.de und viktoria.roesch(at)fb4.fra-uas.de.
Der Call for Papers richtet sich an Forschende aller Statusgruppen, Nachwuchswissenschaftler*innen sind ausdrücklich zur Einreichung eingeladen. Der Workshop findet am 14. Und 15. März 2024 am Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main statt und soll als Auftaktveranstaltung für eine tiefergehende Diskussion dienen. Er wird in Kooperation mit dem Promotionskolleg ›Dialektik der Teilhabe. Dynamiken sozialräumlicher Öffnung und Schließung‹ organisiert. Wir bemühen uns um finanzielle Unterstützung für Personen, die keine institutionelle Förderung erhalten.
Für den längerfristigen Austausch und eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Themas wird eine Folgeveranstaltung im Rahmen des nächsten DGS-Kongresses (September 2025) anvisiert. Langfristiges Ziel ist die Publikation der Ergebnisse (z.B. Special Issue).