Jahrestagung des AK Soziologie der Künste (DGS) in Kooperation mit der DGS-Sektion Umwelt und Nachhaltigkeitssoziologie
Die Klimakrise wird als zentraler Bezugspunkt aktueller künstlerischer Auseinandersetzungen identifiziert – für den Bereich der bildenden Kunst sei etwa auf die Arbeiten Olafur Elíassons, Julian Charrières und Lena von Goedekes verwiesen. Auch Musik, Theater und Performancekunst nehmen derartige Krisen zum Ausgang künstlerischer Auseinandersetzungen und Hinterfragungen der eigenen Praxis (z.B. Rivera 2023). In Anbetracht dieser Krisen formieren sich neue Kollaborationen zwischen Kunst, Wissenschaft und Öffentlichkeit (z.B. Weibel/Latour 2022). Museen, Großausstellungen und Messen sehen sich mit Fragen der Nachhaltigkeit eines kosmopolitischen Kunstbetriebs konfrontiert (Garthe 2022) und werden zugleich selbst Ziele öko-aktivistischer Bewegungen. Kurzum: Nicht nur Kunst und Ökologie, sondern auch Künste und sozialökologische Krisen sind aufeinander bezogen und setzen kritische Potenziale frei (z.B. Demos 2013; Bühler 2015; Boettger 2016; Hahn/Fischer-Lichte 2013; Fleck 2023). Die Soziologie spielt in diesen Auseinandersetzungen eine nicht unwesentliche Rolle:
1) als Beobachterin des Kunstfeldes bzw. Kunstsystems und seinen vielfältigen Protagonist:innen,Organisationen, Kommunikationen und Praktiken; 2) als Lieferantin theoretischer Perspektiven und empirischer Einsichten, die wiederum in das Feld der Kunst diffundieren und dieses mitgestalten; 3) als Kollaborateurin im Zeichen einer ebenfalls von ihr konstatierten und zum Gegenstand gemachten sozialökologischen Krise. So wird kunstsoziologisch bereits ein Geo-Ecological Turn zur Disposition gestellt (Holt 2022), indem Kunst nicht zuletzt im Anthropozän und damit im Kontext menschengemachter geoepochaler Herausforderungen verortet wird (Skrandies/Dümler 2016; Ballard 2021).
Ausgehend hiervon lässt sich ein relationales Gefüge bzw. ein Spannungsfeld ausmachen, das die Frage nach der Kunst in der sozialökologischen Krise aufwirft: Wie schreibt sich eine solche Krise in künstlerische/s Arbeiten ein? Wie begegnen Künstler:innen und ihre Werke einer als Krise gefassten Gegenwart, die immer auch eingebettet ist in Geschichtlichkeit? Umgekehrt rücken zudem die Folgen und Auswirkungen sozialökologischer Krisen im Feld der Kunst in den Blick: Inwieweit wird ›Nachhaltigkeit‹ zum neuen Imperativ in den Bereichen der Produktion, Distribution, Rezeption und Edukation von Kunst? In welchen Hinsichten formieren sich erneut neue Regeln der Kunst (Zahner 2006) in Anbetracht von als krisenhaft erfahrenen sozialökologischen Phänomenen und Entwicklungen?
Ausgehend von der gegenwärtig soziologisch und künstlerisch adressierten Relevanz sozialökologischer Krisen lassen sich eine Vielzahl an Fragen und Herausforderungen für die Kunst sowie ihre soziologische Beforschung identifizieren. Themen und Bereiche, die wir im Rahmen der Tagung diskutieren möchten, sind unter anderem:• Wie schließen künstlerische, kuratorische, performative Praktiken, thematische Setzungen, Arbeitsweisen, Materialbezüge, Diskurse und Phänomene (in) der Kunst an sozialökologische Krisen an?
• Wie positioniert sich Kunst in und zu derartigen Krisen und welchen Anspruch erhebt sie dabei bzw. welche Erwartungen werden an sie wie und von wem herangetragen?
• Inwieweit lassen sich Transformationsdebatten hinsichtlich Nachhaltigkeit und sozialökologischer Krisen im Feld der Kunst identifizieren und durch was sind sie geprägt?
• Welche theoretischen Strömungen halten Einzug in Kunstsoziologie und Kunst nicht zuletzt sensibilisiert durch und sensibilisierend für sozialökologische Krisen? (z.B. Neomaterialismen, posthumanistische Theorien, postkoloniale Theorien, ökofeministische Theorien etc.)
• Welche Kollaborationen (unter anderem zwischen Soziologie und Kunst) lassen sich im Zeichen sozialökologischer Krisen identifizieren?
• Welche Grenzziehungen und Immunisierungen einer möglichen sozialökologischen Vereinnahmung der Kunst und des Kunstbetriebs zeigen sich ggf.?
• Wie wird Kunst zum Gegenstand aber auch Instrument sozialökologischer (politischer) Kritik (gemacht)?
Beiträge der Tagung können theoretisch und/oder empirisch ausgerichtet sein sowie auf Deutsch oder auf Englisch eingereicht werden. Die Tagung wird am 06./07. März 2025 in Präsenz an der Johannes Gutenberg-Universität stattfinden. Um Einreichungen eines Abstracts von 300 Wörtern bis zum 20. Januar 2025 an Christiane Schürkmann (schuerkm@uni-mainz.de) wird gebeten. Die Rückmeldung erfolgt spätestens bis Ende Januar.
Wir freuen uns auf Ihre Einreichung!